Guerilla Marketing: Werbung mit Knalleffekt

Guerilla Marketing: Werbung mit Knalleffekt Wie überraschende Kampagnen für maximale Aufmerksamkeit sorgen

Wer als Marke auffallen will, braucht auch Werbung jenseits der Norm. Hier kommt Guerilla Marketing ins Spiel: Es bietet Werbetreibenden unzählige Möglichkeiten, ihre Botschaften unkonventionell und wirkungsvoll zu vermitteln. Zwei Guerilla-Profis geben Expertentipps.

Eine rosarote Wolke in der Stadt
Guerilla-Marketing-Kampagnen mit einer durchdachten Strategie und einer starken Werbebotschaft ermöglichen Unternehmen, ihre potenziellen Kunden und Kundinnen im öffentlichen Raum oder am Point-of-Sale anzusprechen und den Dialog in sozialen Netzwerken weiterzuführen.

Stellen Sie sich vor: Sie warten an einem Fussgängerstreifen und entdecken am Mast der Ampel einen QR-Code-Sticker, auf dem steht: «Hinter diesem Code steckt Geld. Jetzt scannen und abkassieren.» Zu gut, um wahr zu sein? Genau mit einer solchen Guerilla-Aktion hat TWINT vor einigen Jahren in der Stadt Zürich für die eigene Bezahl-App geworben. Insgesamt liess das Unternehmen 50 000 QR-Code-Stickers an öffentlich zugänglichen Orten anbringen. Jeder Code war mit einem Betrag zwischen 5 Rappen und 25 000 Franken aufgeladen. Wer den Code zuerst scannte, erhielt den Betrag gutgeschrieben. Unzählige Menschen machten sich auf die Jagd nach den Geldbeträgen – und erfuhren dabei, wie einfach das Bezahlen per TWINT-App funktioniert.

Was ist Guerilla Marketing?

Die erfolgreiche Kampagne von TWINT zeigt, was Guerilla Marketing ist: eine unkonventionelle Strategie, die auf ausgefallene, überraschende, unterhaltsame und aktivierende Ideen setzt, um die Aufmerksamkeit der Zielgruppe auf die Marke zu lenken, sich ins Gespräch zu bringen und eine Handlung auszulösen. Guerilla-Aktionen dürfen auch rebellisch, provokativ oder spektakulär daherkommen, wie zum Beispiel die Marke Red Bull immer wieder beweist.

Sie brauchen aber nicht grossangelegt und teuer zu sein – im Gegenteil: Das Guerilla Marketing zeichnet sich gerade dadurch aus, dass es auch mit kleinem Budget funktioniert. So lassen sich Fussgängerinnen und Fussgänger etwa mit witzigen Plakaten samt Abreisszetteln an Strassenlampen ansprechen. Velofahrerinnen und Velofahrer wiederum staunen über einen gebrandeten Velosattelüberzug oder ein Goodie auf dem Gepäckträger. Und Autofahrende können mit kleinen Jutetaschen an den Seitenspiegeln – gefüllt mit Produktproben zum Testen – oder auffälligen Magnetstickern auf der Motorhaube überrascht werden.

Wie der Begriff «Guerilla Marketing» entstanden ist

Ziele von Guerilla Marketing

Das übergeordnete Ziel von Guerilla Marketing ist in den meisten Fällen die Steigerung der Markenbekanntheit, die Positionierung oder die Lancierung eines neuen Produkts. Die Zürcher Agentur Streuplan nutzt diese Form des Marketings noch für weitere Zwecke, wie der geschäftsführende Partner Thomas Back erklärt: «Guerilla Marketing löst starke Emotionen aus und differenziert eine Marke. Deshalb ist es ein wirkungsvolles Instrument für die Kundenbindung. Doch auch um Reichweite zu generieren, taugt es. Denn eine knallige Guerilla-Aktion hat immer das Potenzial, viral zu gehen.»

In der viralen Verbreitung auf Social Media sieht auch Christian Wolfer, Partner bei der Agentur Promotion-Tools, einen besonderen Reiz: «Die Peer-to-Peer-Empfehlungen führen dazu, dass die Markenbotschaft an Glaubwürdigkeit gewinnt und den Konsumierenden nicht erklärt werden muss, was sie tun sollen – das übernimmt die Community.» 

Weniger gut eignet sich Guerilla Marketing für den direkten Verkauf. «Wenn unsere Kundinnen und Kunden den Abverkauf als Ziel definieren wollen, bin ich skeptisch», erklärt Christian Wolfer. «Klar, langfristig geht es immer um den Absatz. Aber mit Guerilla Marketing unmittelbar etwas zu verkaufen, gelingt kaum. Das liegt am Überraschungsmoment: Im überraschten Zustand sind die Konsumierenden nicht sofort bereit, ein Produkt zu kaufen oder eine Dienstleistung zu beziehen.»

«Je frecher und überraschender, desto besser»

Guerilla Marketing kennzeichnet sich durch unerwartete, mitunter rebellische oder sogar spektakuläre Aktionen – aus gutem Grund: «Die Konsumierenden sind übersättigt. Sie haben an Werbung und Kommunikation schon fast alles gesehen, was es zu sehen gibt. Wer bei ihnen durchdringen will, braucht härteren Stoff: Werbung mit Knalleffekt», sagt Thomas Back von Streuplan.

Um diesen Effekt zu erreichen, ist neben einer originellen Idee und einer strategischen Planung vor allem eines nötig: Mut, etwas Neues und Einzigartiges zu probieren und die Aktion durchzuziehen, selbst wenn der Erfolg ungewiss ist: «Guerilla Marketing kann überwältigend gut funktionieren – es kann aber auch mal floppen», so Christian Wolfer von Promotion-Tools.

Aktionen, die an Trends oder Aktualitäten anknüpfen, bewähren sich fast immer. Eine Marke, die zum Beispiel schnell und humorvoll auf die mediale Berichterstattung reagiert, zeigt: Sie hat Witz und ist am Puls der Zeit. «Guerilla Marketing kann einer Marke einen echten Coolness-Push geben. Je frecher und überraschender die Aktion ist, desto besser», sagt Thomas Back.

Unsere Aufgabe als Agentur ist es, den Kundinnen und Kunden zu sagen: Seid mutiger und macht Guerilla Marketing auch einmal zur Hauptmassnahme einer Kampagne. Diesen Mut vermisse ich oft.

Thomas Back, geschäftsführender Partner bei der Agentur Streuplan
Guerilla Marketing – alles fake?

Wie Guerilla-Aktionen aufgebaut sind

Dramaturgisch folgt Guerilla Marketing häufig einer ähnlichen Struktur wie eine Geschichte oder eine Inszenierung. Es nutzt Elemente von Spannung und Überraschung, um Aufmerksamkeit zu erregen. Die Zielgruppe muss neugierig gemacht werden, mehr zu erfahren. Wenn dies gelingt, lautet die nächste Aufgabe, die emotionale Verbindung zu vertiefen – sei es durch Humor, Irritation, Mitgefühl oder Staunen. Solche Emotionen sorgen dafür, dass sich Menschen besser an eine Botschaft erinnern und sie weiterverbreiten. Zum Schluss muss die Aktion auf einen klaren Call to Action hinauslaufen. 

Wichtig: Wenn immer möglich sollten Elemente in die Guerilla-Aktion integriert werden, die zum Teilen des Ereignisses in den sozialen Medien anregen. So steigen die Chancen, dass die Aktion viral geht. Zu deren Kulminationspunkt kommt es wegen der verhältnismässig geringen Anzahl Kontakte also nicht am Ort des Geschehens, sondern auf Social Media. Deswegen ist die Dokumentation laut Christian Wolfer unabdingbar: «Durch eine Guerilla-Aktion gewinnt man jede Menge Content: Bilder, Videos, Kommentare, nutzergenerierte Inhalte und so weiter. Dieses Material kann eine Marke für ihre weitere Kampagne verwenden.»

Guerilla-Aktionen haben ein hohes Aktivierungspotenzial: Marken kommen schnell mit den Konsumierenden ins Gespräch, wenn die Aktion einen Nerv trifft. Das Resultat: eine starke Einbindung der Zielgruppe.

Christian Wolfer, Partner und Head of Sales & Marketing bei der Agentur Promotion-Tools

Risiken im Guerilla Marketing

Guerilla-Aktionen spielen zuweilen mit Regel- und Tabubrüchen. So hat schon manche Aktion die Öffentlichkeit irritiert oder sogar verärgert. Solange diese negativen Gefühle und Reaktionen lediglich bei Menschen ausserhalb der Zielgruppe auftreten, ist das Reputationsrisiko für die Marke geringer. Die Empörung der anderen kann bei der eigenen Zielgruppe sogar eine Solidarisierung auslösen, die die Identifikation mit der Marke stärkt. Einziges Problem: Das lässt sich nicht mit Sicherheit vorhersagen.

Für Thomas Back gehört das kalkulierte Spiel an der Grenze des Erlaubten zum Guerilla Marketing dazu: «Ein bewusster Regelbruch kann dazu dienen, die Aufmerksamkeit zu erhöhen. Das führt möglicherweise zu Kontroversen. Aber wer es allen recht machen will, endet früher oder später in der Bedeutungslosigkeit.» Dennoch gebe es in der Schweiz gewisse Fettnäpfchen, in die niemand treten wolle: «Meine Empfehlung lautet: Keine nationalen Heiligtümer anfassen, das Bünzlitum nicht in Frage stellen, keine Tiere involvieren und sich nicht auf die Strasse kleben», erklärt Thomas Back mit einem Schmunzeln.

Wo schliesslich die Grenzen liegen, legt jede Marke für sich selbst fest. Doch wer provozieren will, muss auch mit den Reaktionen umgehen können. Ein wesentlicher Bestandteil des Risikomanagements bei Guerilla-Marketing-Aktionen ist die Antizipation möglicher Probleme und Reaktionen:

Reputationsrisiken:
Rechtliche Risiken:

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Akribische Planung nötig

Guerilla-Aktionen wirken oft spontan und unerwartet. Dahinter steckt aber meist eine sorgfältige Planung – auch wenn eine Aktion kurzfristig umgesetzt wird. Wichtig ist zum Beispiel die Wahl des Ortes und des Zeitpunkts, um die grösstmögliche Wirkung zu erzielen. Auch die Kosten wollen geplant sein, zum Beispiel für Personal, Material und Genehmigungen.

Laut Thomas Back wird oft unterschätzt, wie entscheidend die akribische Planung ist: «Die grössten Fehler passieren meistens in der Planungsphase. Neben mangelhaften Zielgruppenanalysen beobachte ich immer wieder, dass Risiken unterschätzt werden und die Markenkommunikation inkonsistent ist. So gibt es Unternehmen, die ihre Guerilla-Aktionen völlig losgelöst von der übrigen Kommunikation planen – das kann nicht funktionieren.»

Weil es im Guerilla Marketing viele Aspekte gibt, die sich nicht komplett kontrollieren lassen, braucht es bei jeder Aktion auch einen Plan B. Muss die Aktion wegen schlechten Wetters abgebrochen werden? Oder schreitet die Polizei ein? In solchen Fällen sollten alle Teammitglieder wissen, was zu tun ist und wie es weitergeht. Darum lohnt sich die Planung unterschiedlicher Szenarien.

Christian Wolfer

ist Partner und Head of Sales & Marketing bei der Agentur Promotion-Tools.

Porträtbild von Christian Wolfer

Thomas Back

ist geschäftsführender Partner bei der Below-the-Line-Agentur Streuplan und hat sich als «Guerillero vom Sihlquai» einen Namen im Guerilla Marketing gemacht.

Porträtbild von Thomas Back

Sieben Erfolgsfaktoren für Guerilla Marketing

1. Kreativität:

Einfallsreichtum ist die Basis guten Guerilla Marketings. Um eine starke Idee und ein überzeugendes Konzept zu entwickeln, braucht es unkonventionelles Denken. Allerdings bringt selbst eine spektakuläre Kampagne keinen Nutzen fürs Marketing, wenn die Zielgruppe die Botschaft nicht versteht. Bei aller Kreativität ist also immer auch Verständlichkeit gefragt.

2. Einzigartigkeit:

Eine Guerilla-Aktion sollte neu und einzigartig sein. Auf keinen Fall dürfen fremde Ideen eins zu eins kopiert werden. Genauso wenig empfiehlt sich, eigene Aktionen zu wiederholen, ohne ihnen wenigstens einen neuen, kreativen Twist zu geben.

3. Exklusivität:

Guerilla-Marketing-Kampagnen sind zeitlich begrenzt. Das macht sie zu exklusiven Ereignissen: So üben zum Beispiel Pop-up-Events eine besondere Anziehungskraft aus, weil sie schon bald wieder verschwinden. Die Exklusivität erzeugt bei der Zielgruppe ein Gefühl der Dringlichkeit. Die Angst, etwas zu verpassen, trägt zum Erfolg mancher Guerilla-Aktionen bei.

4. Interaktion:

Guerilla-Aktionen, die die Zielgruppe zum aktiven Mitmachen auffordern, schaffen ein Erlebnis und stärken die Bindung zur Marke. Gleichzeitig steigt die Chance auf eine hohe Reichweite, da die Zielgruppe online und persönlich in ihrem Umfeld von der Kampagne erzählt und ihre Eindrücke in Form von Bildern und Videos teilt. Mit der richtigen Distributionsplanung, dem frühen Einbezug von Influencern und etwas Glück geht die Aktion viral.

5. Multisensorik:

Guerilla-Aktionen eignen sich besonders gut, um verschiedene Sinne anzusprechen, Emotionen zu wecken und so die Werbebotschaft nachhaltig zu verankern. Ideal dafür sind Gerüche, Musik, Bilder, Gegenstände, Licht und vieles mehr.

6. Crossmediale Integration:

Erfolgreiches Guerilla Marketing verknüpft physische und digitale Kampagnenelemente. Denn eine Guerilla-Aktion schöpft ihr Potenzial erst richtig aus, wenn sie dokumentiert und in den sozialen Medien sichtbar gemacht wird. Physische Medien wiederum eignen sich ideal, um die Aktion im Vorfeld anzuteasern oder danach eine Handlung auszulösen – etwa durch Flyer mit QR-Code. Gefragt ist also eine kohärente Markenkommunikation über alle Kanäle hinweg.

7. Medienarbeit:

Die klassischen Medien bleiben ein mächtiger Multiplikator. Deshalb sollten Unternehmen bei Guerilla-Aktionen aktiv dafür sorgen, dass die Redaktionen davon Wind bekommen, zum Beispiel durch den eigenen Content in den sozialen Medien. Ist die Aktion aussergewöhnlich genug – hat sie also einen hohen Newswert –, werden die Medienschaffenden nicht zögern, darüber zu berichten.

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