Wie die Sinne den Kundenkontakt beeinflussen

Wie die Sinne den Kundenkontakt beeinflussen Sympathie und Antipathie beginnen beim Sehen, Hören, Riechen und Tasten

Für die langfristige Kundenbindung spielen persönliche Kundenkontakte eine wichtige Rolle. Anders als bei digitalen Kontakten nehmen Kundinnen und Kunden ihr Gegenüber mit mehreren Sinnen wahr: durchs Sehen, Hören, Riechen und beim Händedruck sogar durchs Tasten. Was über einen erfolgreichen Kundenkontakt entscheidet, verrät Multisensorik-Experte Beat Grossenbacher.

Eine Frau nimmt mit geschlossenen Augen ihre Sinne wahr

Ergebnisse der Hirnforschung zeigen: Über Sympathie oder Antipathie entscheidet fast ausschliesslich das Unterbewusstsein. Rationale Faktoren sind nebensächlich. Wenn Menschen ihr Gegenüber unterbewusst beurteilen, spielen alle Sinne gleichwertig mit. Entgegen einer weit verbreiteten Meinung hat die Nase dabei kein stärkeres Gewicht als andere Sinnesorgane. «Das Gehirn filtert nicht nach einzelnen Sinnen. Es zählt immer der Gesamteindruck», sagt Multisensorik-Experte Beat Grossenbacher. Allerdings gilt: Schlechte Eindrücke sind stärker als gute. «Ein einziger negativer Impuls wie etwa grelles Licht bei einem persönlichen Kundenkontakt überstrahlt sämtliche positiven. Der Grund dafür liegt in der Evolution. Wir wollen unser Überleben sichern und Gefahren aus dem Weg gehen. Bei einem störenden Faktor möchten wir instinktiv die Flucht ergreifen.» 

Darum empfiehlt Beat Grossenbacher für Treffen mit Kunden, in erster Linie negative Eindrücke zu vermeiden und sich nicht primär auf positive zu fokussieren. Dennoch lässt sich die Wahrnehmung der Sinne bei einem Kundenkontakt zu den eigenen Gunsten beeinflussen, zum Beispiel mit Musik oder einem Raumduft (siehe Tipps). Und wenn die Kundin oder der Kunde das nicht mag? «Das Erfolgsgeheimnis liegt darin, die positiven Impulse so subtil einzusetzen, dass das Gegenüber sie nicht bewusst wahrnimmt. Dann ist es auch kein Pokerspiel.»

Der Kontext zählt

Um bei einem Kundenkontakt einen positiven Eindruck zu hinterlassen und die Kundenbindung zu vertiefen, sollte man immer den Kontext berücksichtigen. Entscheidend ist erstens die Branche. Bei Meetings in der Modewelt darf der eigene Auftritt prägnanter ausfallen als zum Beispiel in der Maschinenindustrie. Zweitens zählt die Zielgruppe. Die Sinne der Kunden lassen sich passender ansprechen, wenn das Alter, die Werte und das soziale Umfeld berücksichtigt werden. «Besonders wichtig ist zudem die Herkunftskultur des Gegenübers», sagt Beat Grossenbacher. «Damit meine ich nicht das Land, sondern die gesellschaftliche Klasse, aus der die Kundin oder der Kunde stammt.»

Checkliste für die haptische Optimierung von Touchpoints

Je mehr Sinne ein Kommunikationsmittel oder ein Touchpoint anspricht, desto höher ist die Kaufwahrscheinlichkeit. Die Checkliste zeigt, wie Kommunikationsmittel und Touchpoints haptisch beziehungsweise multisensorisch optimiert werden.

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12 Tipps für einen gelungenen Kundenkontakt, der die Sinne anspricht

Umgebung

  • Begrüssen Sie Ihre Kunden mit dezenter Musik im Hintergrund. Generell gilt: In einer Wartezone darf die Musik schneller sein als beim Small Talk in einer Gesprächszone. Denn ruhige Klänge vermitteln eher das Gefühl, dass sich der Gesprächspartner Zeit nimmt. Schalten Sie die Musik aus, sobald das Gespräch auf die fachliche Ebene wechselt.
  • Setzen Sie einen positiven Impuls, indem Sie den Raum leicht beduften. Blumige Gerüche wie Lavendel oder Rosenduft zum Beispiel wirken beruhigend und signalisieren Wertigkeit. Zitrusdüfte wiederum stehen im mitteleuropäischen Raum für Frische und Dynamik.

Erscheinungsbild

  • Die Farbe Ihrer Kleidung kommt einem Statement gleich. Das im geschäftlichen Umfeld beliebte Blau etwa steht für Eigenschaften wie «ruhig» und «diszipliniert». Mit roten Kleidungsstücken wirken Sie nicht nur dynamisch und leidenschaftlich, sondern auch extrovertiert und dominant. Wählen Sie im Zweifelsfall also neutrale, gedeckte Farben, um einen negativen Eindruck zu vermeiden.
  • Hochwertige Schuhe mit Lederabsätzen hinterlassen nicht nur einen optischen, sondern genauso einen akustischen Eindruck, da sie beim Laufen gut zu hören sind. In einigen Branchen kann das von Vorteil sein, in anderen eher ein Nachteil.
  • Denken Sie an den Geruchssinn Ihrer Kunden. Verwenden Sie einen dezenten Duft, verzichten Sie vor einem Treffen auf das Rauchen und sorgen Sie für frischen Atem – aber nicht mit Kaugummi.

Körpersprache

  • Mit dem Händedruck sprechen Sie den Tastsinn Ihrer Kunden an. Halten Sie ihn deshalb nicht zu kurz. Drücken Sie die Hand des Gegenübers besser fest als zu zögerlich.
  • Schulterklopfen und ähnliche Berührungen sind nur bei Kunden angebracht, zu denen Sie ein persönliches, freundschaftliches Verhältnis pflegen.
  • Halten Sie generell genügend körperliche Distanz. Bei diesem Punkt ist die Herkunft Ihres Gesprächspartners besonders wichtig.
  • Nehmen Sie die Körpersprache Ihrer Kunden bewusst wahr, reagieren Sie auf diese Informationen und passen Sie sich an.

Stimme

  • Variieren Sie beim Sprechen die Stimmlage. So erhalten Sie mehr Aufmerksamkeit.
  • Auch die sogenannte Klangabfolge zählt. Sie können «blau» sprechen, also langsam und ausführlich, oder «rot» – schnell und eher sprunghaft. Passen Sie die Klangabfolge bewusst der Situation an.
  • Machen Sie Pausen. Warten Sie einen Augenblick ab, bevor Sie eine Frage beantworten.

Praxisbeispiel: Singapur Airlines

Singapur Airlines gilt als erfolgreiches Beispiel für ein Unternehmen mit einem multisensorischen Markenerlebnis. Das Erscheinungsbild der Crew ist einheitlich und entspricht der Markenpersönlichkeit. Bei Start und Landung erklingen asiatische Töne als Wiedererkennungsmerkmal. Der patentierte Markenduft «Stefan Floridian Waters» wird über Duftspender in der Kabine versprüht und gibt auch den Hot Towels – die zusätzlich den Tastsinn ansprechen – ihren einzigartigen Geruch. Das Parfüm der Crew basiert auf dem gleichen Duft. Dazu sagt Beat Grossenbacher: «Dieses Markenerlebnis passt zum Umfeld und zur Kultur, könnte jedoch in einem anderen Kontext schnell zu aufdringlich wirken.»

Zur Person

Beat Grossenbacher ist Gründer des Centre d’Ambiance zur multisensorischen Ansprache an POS und POI sowie Partner der ASN Akademie für sensuale und neuronale Bindung. Der Multisensorik-Experte verfügt über langjährige Erfahrung in den Bereichen Innenarchitektur, Konzeptentwicklung und Projektsteuerung. Er ist Gastdozent an Fachhochschulen, Wirtschaftsfachsymposien und Veranstaltungen über die olfaktorische und multisensorische Wahrnehmung.