Von der Zielgruppe zum Mediamix

Von der Zielgruppe zum Mediamix Expertinnengespräch zur erfolgreichen Mediaplanung

In der Theorie klingt es einfach: Wer seine Zielgruppe genau kennt, kann die passenden Werbemassnahmen und Kanäle ableiten. Doch wie gelingt das in der Praxis? Jasmin Schmid, Nathalie Diethelm und Karina Chodorowska diskutieren darüber, welchen Stellenwert Zielgruppen heute noch für die Mediaplanung haben und wie sie den Mediamix beeinflussen.

Porträtbilder von Jasmin Schmid, Nathalie Diethelm und Karina Chodorowska
Jasmin Schmid, Nathalie Diethelm und Karina Chodorowska sind sich einig: Um einen wirkungsvollen Mediamix zu bestimmen, müssen Werbetreibende und ihre Agenturen die Zielgruppe genau kennen und verstehen.

Durch den Trend zur Hyper-Personalisierung ist oft die Rede vom Ende der klassischen Zielgruppen. Setzt Ihr Unternehmen weiterhin auf Zielgruppen?

Jasmin Schmid, Head Marketing Communications des WWF Schweiz: Ja. Denn die Zielgruppenanalyse liefert uns wichtige Erkenntnisse, um Marketingstrategien zu entwickeln und gezielt zu kommunizieren. Je besser wir die Bedürfnisse unserer Zielgruppen kennen, desto stärker können wir unsere Kampagnen auf sie ausrichten.

Nathalie Diethelm, CEO von House of Communication: Zielgruppe und Zielgruppenanalyse bleiben das Herzstück jeder Strategie. Nur wenn wir wissen, wen wir erreichen wollen, können wir wirkungsvolle Kampagnen aufsetzen. Deshalb investieren wir viel Zeit in die Zielgruppendefinition. Das ist gut investierte Zeit, weil wir dadurch die Mediakosten tiefer halten können und wertvolle qualitative Insights für eine noch kreativere Mediaplanung generieren.

Karina Chodorowska, Leiterin Marketing & Sales Solutions bei Post Advertising: Das sehe ich gleich. Für uns im B2B-Segment sind bei den Zielgruppen zwar andere Merkmale relevant als im Privatkundenmarketing. Aber auch wir analysieren unsere Zielgruppen genau und bilden Cluster, um den Markt effizient bearbeiten zu können.

Für welche Aufgaben im Marketing hat die Beschreibung von Zielgruppen den grössten Nutzen?

Karina Chodorowska: Zielgruppen sind bereits für die Produktentwicklung von grossem Nutzen. Wir erarbeiten neue Lösungen für den Werbemarkt. Da spielen etwa die Bedürfnisse der verschiedenen Branchen eine zentrale Rolle. Genauso wichtig ist das Verständnis der Zielgruppen natürlich für das Content Marketing und die ganze Klaviatur der Marketingkommunikation.

Nathalie Diethelm: Dem stimme ich zu. Die Zielgruppe genau zu kennen, ist für alle Aufgaben im Marketing entscheidend. Denn es wird immer schwieriger, sich bei der Zielgruppe Gehör zu verschaffen. Die zahlreichen digitalen Kanäle fragmentieren die Customer Journey. So besteht ständig die Gefahr, dass die potenziellen Kundinnen und Kunden abspringen und gar nicht durch den ganzen Sales Funnel kommen. Um das zu verhindern, müssen wir genau wissen, zu wem wir sprechen. Deshalb gehört es zu unseren Aufgaben als Mediaagentur, die Zielgruppendefinition unserer Kundinnen und Kunden kritisch zu hinterfragen.

Karina Chodorowska: Das schätze ich besonders an der Zusammenarbeit mit Mediaagenturen: Sie fordern uns bei der Zielgruppendefinition heraus und helfen uns dabei, die Zielgruppen zu schärfen.

Jasmin Schmid: Dies hat auch den Vorteil, dass kleinere Zielgruppen entstehen, deren Bearbeitung weniger kostet – oder anders gesagt, dass sich der Streuverlust reduziert. Das ist gerade bei beschränktem Mediabudget ein wichtiger Punkt.

Nathalie Diethelm: Schön, dass es uns Mediaagenturen also noch braucht. (Lacht.)

Zielgruppen lassen sich unter anderem anhand demografischer, sozioökonomischer, psychografischer und verhaltensbasierter Merkmale definieren. Welche davon sind für die Medienwahl besonders entscheidend?

Jasmin Schmid: Wir haben unsere Zielgruppen datenbasiert definiert, legen aber auch grossen Wert auf qualitative Merkmale – vor allem zum Verhalten. Denn die Erkenntnisse dazu ermöglichen ein wirklich tiefes Verständnis der Zielgruppe. Wie sieht zum Beispiel ein typischer Tagesablauf der Menschen in unserer Zielgruppe aus? Wann stehen sie auf? Wie sind sie unterwegs? Indem wir solche Verhaltensmerkmale identifizieren, können wir auch die passenden Kanäle wählen.

Karina Chodorowska: Grundsätzlich sind alle genannten Merkmale relevant. Man muss aber aufpassen, sich nicht zu verzetteln. Wer seine Zielgruppen in Mikrosegmente zerlegt, hat im Extremfall auf verschiedenen Kanälen Hunderte unterschiedlicher Werbemittel auszuspielen. Hinzu kommt die erschwerte Erfolgskontrolle: Sind die Zielgruppen sehr klein, erlauben die Daten kaum Aussagen darüber, wie gut eine Kampagne performt hat.

So bestimmen Sie die richtige Zielgruppe

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Was ist Ihnen wichtig, wenn Sie von der Zielgruppe den Mediamix ableiten?

Jasmin Schmid: Es ist wichtig, die Zielgruppe sehr gut zu verstehen und zu wissen, was sie bewegt. Das hilft einem, den richtigen Mediamix zu bestimmen, weil man dabei immer wieder an diese Personen denkt. Aus dem gleichen Grund arbeiten wir bei Kampagnenumsetzungen mit der Persona-Methode. Dadurch erhält jede Zielgruppe ein Gesicht.

Nathalie Diethelm: Uns ist es wichtig zu fragen: Wie viele Kontakte sind für diese Zielgruppe nötig? Zum Beispiel sind gewisse Botschaften komplexer und müssen mehrmals gesehen oder gehört werden. Studiendaten helfen uns dabei, einen optimalen Werbedruck zu eruieren und aufzubauen – mit dem idealen Mix aus Reichweite und Kontaktdosis. Letztlich geht es darum, mit dem Produkt eine Reise hin zur Zielgruppe zu machen. Die Entscheidungen bei der Mediaplanung hängen also von dem Angebot und der Komplexität der Botschaften ab.

Jasmin Schmid: Und vom Ziel. Bei Kampagnen mit Branding oder Awareness als Ziel setzen wir auf klassische Reichweitenmedien wie Plakate und Inserate. Verfolgen wir hingegen spezifischere Ziele, die sich auf einzelne Segmente herunterbrechen lassen, dann realisieren wir crossmediale Kampagnen und sprechen die Zielpersonen möglichst direkt an.

Karina Chodorowska: Wenn wir eine neue Zielgruppe bearbeiten, nutzen wir unter anderem Marktforschungsdaten, um den Mediamix zu bestimmen. Dazu lassen wir die Personen dieser Zielgruppe zu ihrem Medienverhalten befragen: Welche Medien konsumieren sie? Auf welchem sozialen Business-Netzwerk bewegen sie sich? In welchen Verbänden sind sie Mitglied? Welche Events besuchen sie? Zusätzlich holen wir uns Insights vom Verkauf, der die Kundinnen und Kunden dank der engen Betreuung im B2B-Bereich sehr gut kennt. Alle diese Informationen helfen uns dabei, die relevanten Kanäle crossmedial zu kombinieren und die Botschaften auszugestalten.

Läuft der Prozess, um von der Zielgruppe den Mediamix abzuleiten, immer gleich ab?

Nathalie Diethelm: Die Eckpfeiler bleiben die gleichen. Dazu gehört etwa, dass wir Zielgruppe, Ziele, Botschaftshierachien und Budget kennen. Doch der eigentliche Prozess läuft immer wieder anders ab. Denn jede Kundin und jeder Kunde arbeitet auf die eigene Art mit uns als Mediaagentur zusammen. Manche involvieren uns gleich zu Beginn, andere erst ganz am Schluss. Wenn zum Beispiel die Kreation bereits abgeschlossen ist und sogar schon die Werbemittel bestehen, bleibt uns nur noch, sie auf die Zielgruppe abgestimmt auszusteuern. Als Agentur müssen wir flexibel sein und immer nach den Lösungen suchen, die den Kundinnen und Kunden am besten helfen, ihre Ziele zu erreichen.

Karina Chodorowska: Was wir immer gleich machen: Zu Beginn des Prozesses holen wir alle Beteiligten an einen Tisch. Als Vorbereitung werten wir relevante Daten aus, insbesondere Kundendaten. So können wir der Agentur einen ganzen Blumenstrauss an Erkenntnissen präsentieren und sie von ihr challengen lassen. Gemeinsam definieren wir die Zielgruppe möglichst konkret und legen den passenden Mediamix fest.

Stichwort Daten: Welche Daten sind heute unverzichtbar, um den Mediamix für bestimmte Zielgruppen zu definieren und zu optimieren?

Nathalie Diethelm: Für uns sind es sämtliche Daten aus den MACH-Studien und dem Media-Monitoring. Da wir möglichst tief in die Welt der Zielgruppe eintauchen wollen, sind natürlich auch Kundendaten unverzichtbar. Je mehr davon wir haben, desto besser erkennen wir Zusammenhänge.

Jasmin Schmid: Einverstanden. Aus Gründen des Datenschutzes sammeln wir aber nur jene Kundendaten, die wir wirklich sammeln dürfen.

Karina Chodorowska: Nicht zu unterschätzen sind auch die Daten der Erfolgskontrolle vergangener Kampagnen. Deshalb setzen wir uns nach jeder Kampagne mit Media und Kreation zusammen und analysieren, was funktioniert hat und was nicht. Wenn wir mit einer neuen Agentur zusammenarbeiten, liefern wir ihr unsere Erfahrungswerte immer mit. Ausserdem sehen wir für jede Kampagne ein kleines Testbudget vor. So können wir neue Massnahmen und Kanäle testen und anhand der Daten lernen. Im besten Fall erkennen wir eine Chance, die wir sonst vielleicht verpasst hätten.

Jasmin Schmid: Uns ist es ebenfalls wichtig, aus vergangenen Kampagnen zu lernen. Deshalb machen wir regelmässig Posttests in Form von Befragungen: Wie ist die Botschaft angekommen? Wurde sie verstanden oder haben wir die falsche gewählt? Wer hat die Botschaft gesehen und auf welchen Kanälen? Haben wir den richtigen Mediamix gewählt? Die dadurch erhobenen Daten sind nicht nur für uns selbst relevant, sondern genauso für unsere Kreativ- und Mediaagenturen.

Die Expertinnen

Nathalie Diethelm ist CEO von House of Communication (Serviceplan Suisse AG, Mediaplus Suisse AG und Plan.Net Suisse AG).

Jasmin Schmid ist Head Marketing Communications des WWF Schweiz.

Karina Chodorowska ist Leiterin Marketing & Sales Solutions bei Post Advertising.

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