«Daten nehmen beim Entscheiden die Emotionen raus»

«Daten nehmen beim Entscheiden die Emotionen raus» Im Gespräch mit Changemakerin Katia Murmann, Co-CEO von WolfPak

Sie hat namhafte Unternehmen bei ihrem digitalen Wachstum unterstützt und bildet heute mit ihrer eigenen Firma WolfPak junge Führungskräfte aus: Katia Murmann gehört zu den erfahrensten Leadern für Transformationsprozesse und Datenstrategien. Im Interview spricht sie über häufige Fehler bei der Digitalisierung, den Anti-Bubble-Filter und warum KI genau zur richtigen Zeit kommt.

Porträtbild von Katia Murmann
Katia Murmann ist überzeugt: Die Kanalwahl für crossmediale Kampagnen sollte heute auf Basis von Daten erfolgen.

Sie verfügen über mehr als 20 Jahre Erfahrung in der internationalen Medien- und Technologiebranche. Was verstehen Sie als Expertin unter digitaler Transformation?

Katia Murmann: Digitale Transformation bedeutet für mich, dass Unternehmen ihre Produkte, Businessmodelle und Teams fit machen für alle Herausforderungen, die Digitalisierung und neue Technologien wie Künstliche Intelligenz mit sich bringen. So werden sie von diesen Veränderungen nicht überrollt, sondern gestalten sie mit.

Was braucht es dazu?

Am wichtigsten sind Anpassungsfähigkeit und Daten. Zudem braucht es das Bewusstsein der Führungskräfte, dass sie in diesem Prozess eine zentrale Rolle spielen: Ihr Verhalten entscheidet darüber, ob sich die Mitarbeitenden überfordert oder mitgenommen fühlen. Die Vorgesetzten müssen ihre Teams regelrecht an die Hand nehmen. Das unterschätzen sie häufig.

Womit beginnt der Transformationsprozess?

Mit einer klaren Vision und einer darauf abgestimmten Strategie für Produkte und Businessmodell. Unternehmen müssen wissen, was sie erreichen wollen und wie sie dabei vorgehen. Erst dann folgt die operative Umsetzung – die eigentliche Transformationsarbeit. Dabei ist der Einbezug der verschiedenen Teams entscheidend.

Ist dieser Einbezug nicht selbstverständlich?

Eigentlich schon, doch gerade in diesem Bereich passieren oft Fehler – und die sind teuer. Häufig höre ich Mitglieder von Geschäftsleitungen sagen: «Wir haben uns transformiert, aber irgendwie klappt es in der Umsetzung nicht wirklich.» Schaue ich dann im operativen Geschäft genauer hin, zeigt sich oft ein grosser Gap zur Wahrnehmung auf der Führungsebene. Unternehmen können erst dann erfolgreich an ihrer digitalen Zukunft arbeiten, wenn sie diese Lücke schliessen. Sie dabei zu unterstützen, ist eine grossartige Aufgabe.

Eine solche Aufgabe haben Sie bei der Blick-Gruppe wahrgenommen, wo Sie die digitale Transformation stark mitprägten. Welches waren rückblickend die wichtigsten Erfolgsfaktoren?

Unser Auftrag als Team lautete, uns vom klassischen, Print-getriebenen Newsroom hin zum digital funktionierenden Newsroom weiterzuentwickeln, damit die Blick-Gruppe im digitalen Markt und mit digitalen Produkten erfolgreich sein kann. Zu Beginn meiner Arbeit sah ich den vorhin erwähnten Gap: Die Mitarbeitenden lebten die digitalen Prozesse noch längst nicht so konsequent, wie man es sich auf der Führungsebene wünschte. Unser Ziel war es also, diese Lücke zu schliessen – und dabei alle 300 Journalistinnen und Journalisten im Newsroom mitzunehmen. Denn ohne sie ging es natürlich nicht. Die wichtigsten Erfolgsfaktoren waren ein klarer Fokus und eine intensive Kommunikation, um den Kolleginnen und Kollegen ihre Unsicherheit zu nehmen, die mit der Transformation verbunden war.

Wie ist Ihnen das gelungen?

Es war wichtig, die Bedenken ernst zu nehmen und aufzuzeigen, warum die Transformation nötig war. Auch in vielen persönlichen Gesprächen: «Wenn du deine Artikel attraktiv digital aufbereitest und über die verschiedenen Kanäle anteaserst, steigerst du deine Reichweite enorm – und die Daten zeigen dir das.» Solche Botschaften versteht jede und jeder. Es war schön zu sehen, wie wir allmählich das ganze Team für unsere Vision eines digitalen Newsrooms gewinnen konnten. Das bestätigt einmal mehr: Bei einer digitalen Transformation ist es zentral, das Warum zu erklären.

Katia Murmann referiert am Schweizer Markenkongress

Am Schweizer Markenkongress vom 12. Juni 2024 liefert Katia Murmann den Teilnehmenden spannende Insights für ihr digitales Wachstum. Zusätzlich zu ihrem Referat beteiligt sie sich am Panel zum Thema «Wie steigert datenbasiertes Marketing den Unternehmenserfolg?». Mit David Biernath von ALDI SUISSE, Désirée Poffet von Misenso und Sabrina Wettstein von Post Advertising diskutiert sie über Quick Wins und Grenzen bei der datenbasierten crossmedialen Werbung sowie über den verantwortungsbewussten Umgang mit Daten. Post Advertising ist Presenting Partner des Schweizer Markenkongresses. Programm ansehen

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Oft haben Unternehmen hohe Erwartungen daran, was sie durch die digitale Transformation erreichen können. Wo liegen die Grenzen?

Grundsätzlich lässt sich sehr viel erreichen, wenn die Mitarbeitenden die Vision mittragen und umsetzen. Ich empfehle der Führungsebene aber immer, sich nicht zu viel vorzunehmen. Deshalb braucht es zu Beginn eine Bestandsaufnahme. Dabei trägt das Unternehmen die möglichen Digitalisierungsprojekte aller Teams zusammen und bewertet sie danach, welche davon wirklich auf die Vision und das strategische Ziel einzahlen. Weil das Bauchgefühl und die Realität oft voneinander abweichen, sollte diese Bewertung auf Daten basieren. Sie helfen auch, aus heiklen, umstrittenen Entscheidungen die Emotionen rauszunehmen.

Was bedeutet die digitale Transformation speziell fürs Marketing?

Sie ermöglicht es, die kleinteilige Distribution hinter sich zu lassen und einen Omni-Channel-Ansatz zu verfolgen. Da kommt es gerade recht, dass sich die Künstliche Intelligenz allmählich in der Masse durchsetzt. Ohne sie könnten Unternehmen die Komplexität des Omni-Channelings kaum bewältigen. Oder positiv formuliert: Wer KI an den richtigen Punkten clever einsetzt, verschafft sich beim Omni-Channeling einen Wettbewerbsvorteil.

Sie haben es zu Beginn des Gesprächs erwähnt: Ein zentraler Faktor im Transformationsprozess sind Daten. Wie verändern diese die Entscheidungen im Marketing – zum Beispiel bei der Kanalwahl für crossmediale Kampagnen?

Daten zeigen den Marketingteams, welche Massnahmen welche Wirkung erzielen. Deshalb sollten sie heute die Grundlage jeder Entscheidung sein. Es ist natürlich legitim, sich auch mal bewusst anders zu entscheiden, als es die Daten nahelegen. Doch zumindest sollten die Entscheiderinnen und Entscheider die relevanten Daten kennen. Generell sind die Entscheidungsprozesse bei der Kanalwahl komplexer geworden. Früher galt der Marketingleiter als «smartest Guy in the Room». Heute kennen die CMOs längst nicht mehr alle Details der zahlreichen Werbekanäle. Sie sind auf die Informationen ihrer vielen Spezialistinnen und Spezialisten angewiesen und entscheiden meist nach deren Empfehlungen.

Ich warne vor allen Daten, die nicht absolut sind. Denn damit lässt sich ganz viel ‹faken› und verzerren.

Katia Murmann

Was gilt es zu beachten, damit Daten wirklich eine Entscheidungshilfe sind?

Ich sehe oft, dass Unternehmen zu viele Daten haben. So entstehen Reports, die niemand anschaut. Unternehmen sollten sich immer auf jene KPIs beschränken, die sie wirklich benötigen. Ausserdem warne ich vor allen Daten, die nicht absolut sind – also vor relativen Daten wie Wachstumszahlen. Denn damit lässt sich ganz viel «faken» und verzerren.

Wie meinen Sie das?

Ein Wachstum von 200 Prozent zu erzielen, ist ein Leichtes, wenn der Ausgangswert klein war. Als Entscheiderin muss ich also immer genau hinschauen und die Basis der Daten hinterfragen. Denn die Spezialistinnen und Spezialisten wollen natürlich die besten Ergebnisse präsentieren. Darum mein Tipp an Führungskräfte: Schauen Sie genau hin und lassen Sie sich immer auch absolute Werte darstellen.

Wie können Daten bei der Kundenzentrierung und der Entwicklung neuer Angebote helfen?

Mit den digitalen Angeboten ist die Hürde für einen Anbieterwechsel gesunken. Umso wichtiger wird es, Kundinnen und Kunden zu binden. Das gelingt durch personalisierte und individualisierte Marketingmassnahmen sowie durch die richtigen Features beim Produkt. Für beides brauchen Unternehmen Daten. Trotz aller Individualisierung plädiere ich aber auch für einen Anti-Bubble-Filter.

Was verstehen Sie darunter?

Die meisten Menschen kaufen immer wieder die gleichen Produkte und interessieren sich immer für die gleichen Themen. Das wird mit datenbasiertem Marketing noch verstärkt. Der Anti-Bubble-Filter bedeutet, die Kundinnen und Kunden gezielt mit Angeboten oder Informationen anzusprechen, die nicht ihrem Profil entsprechen. Wie sie darauf reagieren, liefert wiederum interessante Daten.

Ihre Antworten zeigen: Datengetriebenes Arbeiten verändert die Aufgaben im Marketing. Wie gelingt es, dass die Mitarbeitenden dies als Chance statt als Gefahr sehen?

Da sind wir wieder bei der intensiven und glaubwürdigen Kommunikation. Es ist eine Tatsache, dass sich die Jobprofile zurzeit stark verändern – nicht nur im Marketing. Doch das hat auch etwas Positives: Datengetriebenes und automatisiertes Marketing entlastet die Mitarbeitenden von eher langweiligen Routinearbeiten und lässt ihnen mehr Zeit für spezifischere Aufgaben. Hier lautet die Botschaft: «Je mehr du als Mitarbeiterin oder Mitarbeiter den Wandel umarmst, desto spannender sind deine neuen Aufgaben und desto besser sind deine Chancen.» Lebenslanges Lernen ist also besonders im Marketing kein Buzzword, sondern eine Notwendigkeit.

Sie treten am diesjährigen Schweizer Markenkongress auf. Was dürfen die Teilnehmenden von Ihrem Referat erwarten?

Auch am Markenkongress werde ich darauf eingehen, wie sich Daten gewinnbringend nutzen lassen – für die digitale Transformation und den unternehmerischen Erfolg, auch im Marketing. Die Teilnehmenden erfahren unter anderem, welche häufigen Fehler sie dabei vermeiden sollten. Und sie erhalten konkrete Tipps, wie sie mithilfe von Daten erfolgreich sein können.

Katia Murmann: Medienprofi, Changemakerin und erfahrene Führungskraft

Schon mit 14 Jahren schrieb sie für eine Lokalzeitung – der Beginn einer grossen Karriere in der Medienwelt und der Technologiebranche. Mittlerweile blickt Katia Murmann auf mehr als 20 Jahre Führungserfahrung in Verwaltungsräten und Geschäftsleitungen zurück. Sie verfügt über besondere Expertise in den Bereichen Transformation, digitales Wachstum und Datenstrategien. Ihr Unternehmen WolfPak begleitet neue Führungskräfte mit Online-Workshops, Coaching und einem KI-gestützten Training. Darüber hinaus ist Katia Murmann Mitbegründerin von EqualVoice und Edit-a-thon: zwei Initiativen, die Frauen mithilfe von KI und Daten mehr Sichtbarkeit verschaffen.

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