«Innovatives Fundraising bedeutet: testen, testen, testen»

Werbung lebt von Innovation, um eine starke Wirkung zu erzielen und kosteneffizienter zu werden. Doch gilt das auch fürs Spendenmarketing von Non-Profit-Organisationen? Und wie sieht innovatives Fundraising aus? Ein Gespräch mit Expertin Sibylle Spengler über Touchpoints, Tools und Testing.

Hat Fundraising überhaupt den Anspruch, innovativ zu sein?

Sibylle Spengler: Innovation ist im Fundraising weder Gradmesser noch Selbstzweck, sondern Mittel zum Zweck. Fundraising muss in erster Linie erfolgreich und nachhaltig sein, also langfristig Einnahmen generieren. Um das zu erreichen, sollten Non-Profit-Organisationen (NPOs) bei ihrem Fundraising sowohl auf bewährte Instrumente als auch auf neue, vor allem digitale Massnahmen setzen. Innovationen – seien es Weiterentwicklungen bewährter Medien oder komplett neue Ansätze – müssen für die Spendenden nicht erkennbar sein. Als innovativ zu gelten, ist für NPOs kein Ziel. Andere Markenwerte wie Vertrauen sind für sie viel entscheidender. Aber selbstverständlich hilft eine Kultur, die Innovation fördert. Trotz ihrer geringeren Budgets tun sich kleinere NPOs oft leichter mit Innovationen, weil sie dynamischer und kreativer unterwegs sein müssen, um die nötigen Mittel zu beschaffen.

Was kennzeichnet für Sie innovatives Fundraising?

Es geht darum, immer wieder neue Wege zu gehen, auch bei den bestehenden Massnahmen. Innovatives Fundraising bedeutet: testen, testen, testen. Das ist aber nicht mit Hyperaktivismus gleichzusetzen. Die Grundlage des Fundraisings sollte immer eine klare Strategie sein, von der die NPOs ihre Massnahmen ableiten. Gerade für crossmediale Spendenkampagnen müssen sie wissen, welche Zielgruppen sie ansprechen, wo sich diese auf der Donor Journey befinden, welche Online- und Offline-Touchpoints für sie relevant sind und welche Themen und Spendenprodukte sie interessieren.

Auf welche Innovationen im Fundraising sollten sich NPOs besonders fokussieren?

Auf die digitalen Kanäle. Denn offline sind die meisten NPOs schon gut unterwegs, vor allem mit ihren Spendenmailings. Nun gilt es, diese Expertise um digitales Know-how zu ergänzen. Digitales Fundraising bietet den NPOs die Chance, noch stärker als bisher auf die Bedürfnisse und Interessen der Spendenden einzugehen. Ein innovativer Ansatz sind etwa Plattformen, auf denen sie ihre Spendenprodukte präsentieren. Sie bieten die Möglichkeit, nach Themen, Ländern oder Programmen zu suchen und sich schnell zu informieren. So schaffen NPOs eine Donor Experience, die dem Einkaufserlebnis in einem Onlineshop gleicht.

Diese Plattformen klingen nach einer aufwendigen Innovation. Wie gelingen den NPOs solche Projekte?

Am Anfang eines erfolgreichen Digitalisierungsprozesses steht immer die Organisationsentwicklung. Dann folgen Content und Storytelling. Erst am Schluss geht es um Tools und Technik. Meiner Meinung nach sollten die NPOs vom Anspruch wegkommen, von Anfang an alles selbst wissen und können zu wollen, und sich stattdessen unterstützen lassen. Aber: Die Ownership muss bei den NPOs bleiben. Sie können diese – ob sie wollen oder nicht – auch nicht abtreten. Beispielsweise dürfen sie die Datenhoheit nicht aus der Hand geben. Denn erstens sind die Daten der Spendenden die Basis für ein professionelles Fundraising. Und zweitens haben Spendende besonders hohe Anforderungen hinsichtlich des Datenschutzes.

Wo erhalten NPOs Unterstützung, um ihre Innovationskraft beim Fundraising zu stärken?

Neben der Beratung durch spezialisierte Agenturen können sie etwa auf die Angebote des Berufsverbands Swissfundraising oder der Fachstelle vitamin B für Vereine zurückgreifen und sich zusätzlich selbst weiterbilden. Unterdessen gibt es genügend Angebote.