Wirksam werben mit kleinem Werbebudget

Wirksam Werben mit kleinem Werbebudget Kontinuität hilft Kosten zu sparen

Werbung soll kreativ sein, berühren, überzeugen und nicht alle Welt kosten. Geht das? Ja, meint Marketingprofessor Emil Annen, sofern Werbeverantwortliche das eigene Unternehmen und das Werbeziel kennen. Das ist nicht so selbstverständlich, wie man denkt. Lesen Sie im Interview, wie auch mit einem kleinen Werbebudget effektiv geworben werden kann.

Das Bild zeigt ein Portrait von Marketing-Professor Emil Annen

«Gute Werbung kostet Geld. Nicht werben kostet Kunden», sagte einst Henry Ford. Was halten Sie davon?

Sehr viel, denn das beste Angebot nützt nichts, wenn die potenziellen Kunden nicht davon erfahren. Wir alle kaufen nur Leistungen, von denen wir auf irgendwelchen Wegen erfahren haben. Deshalb ist es für Unternehmen am teuersten, nicht zu werben.

Früher hiess es, Werbung sei dann gut, wenn sie in Erinnerung bleibt. Stimmt das noch?

Nein, das ist nicht mehr so. Werbung trifft zu 95 Prozent auf Menschen, die kein unmittelbares Kaufinteresse haben. Dementsprechend fühlen sie sich nicht oder kaum von der Werbung angesprochen, sie nehmen sie aber dennoch nebenbei wahr. Gefragt ist also Kontinuität und Ausdauer, damit sich die Werbebotschaften mit der Zeit in den Köpfen der Konsumenten festsetzen und in der konkreten Kaufsituation – unbewusst – wirksam werden.

Wie gut werben Schweizer KMU?

Es gibt KMU, die sehr vorbildlich werben. Es gibt aber natürlich auch andere, die dies weniger gut machen. Das liegt zum Teil daran, dass zahlreiche KMU ihre Kommunikation auf Basis von veralteten Vorstellungen wie zum Beispiel dem ursprünglichen AIDA-Modell gestalten. Das Werbewirkungsprinzip wurde 1898 für einen Verkäufermarkt beschrieben, in dem die Nachfrage das Angebot bestimmt. Heute ist eher das Gegenteil der Fall. Wichtige Bedingungen wie Markenbekanntheit, Einstellung zur Marke und zum Werbemittel wurden beim damaligen AIDA-Modell nicht berücksichtigt. Trotzdem wird es immer noch in vielen Ausbildungsgängen gelehrt.

Wie hoch – gemessen an Grösse und Umsatz des Unternehmens – darf das Werbebudget sein?

Grösse und Umsatz des Unternehmens sind schlechte Massstäbe, um das Werbebudget festzulegen. Ausschlaggebend sind die jeweilige Marketingstrategie und die Kommunikationsziele. Wenn ich eine Firma aufbaue oder eine neue Marktleistung einführe, benötige ich allenfalls ein höheres Werbebudget oder andere Kanäle für die Kommunikation, als wenn ich meine bestehenden Kunden binden möchte. Es ist wichtig, jeweils das ganze Unternehmen im Blick zu haben und ein Kostendach über alle Abteilungen zu erstellen. Es gilt die Faustregel, dass davon zehn Prozent für Unvorhergesehenes eingeplant werden müssen. Innerhalb dieses Kostenrahmens muss auch festgelegt werden, wie hoch das Werbebudget zur Erreichung der Werbeziele effektiv ausfallen darf.

So werben Sie erfolgreich – auch mit kleinem Budget

Bei einem kleinen Werbebudget zählt nur eines: aus jedem Franken die grösste Wirkung herauszuholen. Die Zutaten fürs Erfolgsrezept sind eine klare Strategie, die richtigen Kanäle und eine kostenbewusste Umsetzung. Unser Leitfaden unterstützt Sie mit zahlreichen Tipps.

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Wie kann man denn konkret Werbekosten sparen?

Ich habe kein Rezept, mit dem man erfolgreich und gleichzeitig günstig wirbt. Aber es gibt ein paar Grundsätze, die helfen, das Budget im Rahmen zu halten. Als erstes rate ich zur Kontinuität: Ein gut durchdachtes Werbekonzept funktioniert über Jahre. Werbung braucht lange, bis sie bei den Menschen wirkt. Und noch länger, bis sie es nicht mehr tut. Und häufig beginnt sie erst dann zu wirken, wenn sie den Werbetreibenden schon längst «verleidet» ist. Anstatt also ständig neue kostspielige Marketing- und Werbeideen aus dem Boden zu stampfen, sollte man eine Kampagne laufend anpassen, ohne den Markenkern oder den Kern der Werbeidee zu verändern. Damit spart man viel Geld.

Die gute Zusammenarbeit mit einem externen Partner, der zum Unternehmen passt, hilft ebenfalls, Kosten zu sparen. Das muss nicht immer eine berühmte Agentur sein. Es gibt viele Freelancer, die zu fairen Stundenansätzen gute Arbeit leisten. Wenn die Chemie stimmt und das Vertrauen da ist, kann eine solche Zusammenarbeit sehr fruchtbar und inspirierend sein.

Alle wollen kreative Werbung machen. Was verstehen Sie darunter und wie generiert man kreative Ideen?

Kreativ ist Werbung dann, wenn sie auf eine eigenständige, meist auch ungewohnte Art den Kern der Marke veranschaulicht. Dabei machen viele den gleichen Fehler: Es wird auf Teufel komm raus möglichst auffällig mit einer kreativen bis verrückten Idee geworben. So sichert man sich zwar die Aufmerksamkeit, aber die Werbebotschaft kommt nicht an. Kreativität ist harte Knochenarbeit, verlangt intensive Denkarbeit und klare Vorstellungen vom eigenen Unternehmen und den Werbezielen. Werbung zu machen, die zwar schön und kreativ ist, aber die Kernbotschaft nicht vermittelt, ist reine Geldverschwendung.

Mit den neuen Medien haben sich die Werbemöglichkeiten vervielfacht. Welches sind die Risiken?

Digitale Kommunikation ist eine grosse Herausforderung und oft viel teurer, als ursprünglich gedacht. Viele Betriebe stellen dafür zu wenig zeitliche und auch finanzielle Ressourcen zur Verfügung. Eine Facebook-Seite muss bedürfnisgerecht bespielt werden und die Unternehmen müssen möglichst in Echtzeit mit ihren (potenziellen) Kunden kommunizieren. Wenn diese drei Tage auf eine Antwort warten müssen, wenden sie sich ab. Hinzu kommt, dass die Marketing- und Werbeverantwortlichen oft nicht auf dem neuesten Stand sind, was den Umgang mit neuen Medien betrifft. Wenn fehlende Kompetenzen eingekauft werden müssen, kostet das viel Geld.

Inwiefern haben sich die Konsumentenbedürfnisse verändert?

Die Bedürfnisse sind immer noch dieselben. Geändert hat sich die Wahrnehmung von Konsumgütern oder Dienstleistungen: Alles ist schon da, die ganze Welt ist ein riesiger Selbstbedienungsladen, aus dem man nimmt, worauf man gerade Lust hat. Die Menschen wollen sich nicht mehr auf ein Produkt oder eine Marke festlegen, sondern streben immer nach Optimierung. Im Internet kann jederzeit ständig verglichen und nach noch günstigeren und besseren Angeboten gesucht werden. Kunden dazu zu bringen, einem Anbieter oder einer Marke treu zu bleiben, ist viel schwieriger geworden.

Prof. Emil Annen (geboren 1947)

ist Leiter Absatzforschung sowie Studienleiter (CAS für Kommunikationsfachleute) am Institut für Marketing an der Universität St. Gallen. Neben seiner Lehrtätigkeit, die er derzeit auch an der Hochschule für Wirtschaft der Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW ausübt, ist er Prüfungsexperte bei Marketingleiter- und Verkaufsleiterausbildungen.

 

Das Interview wurde im Frühling 2017 geführt

Erfolgreich werben – auch mit kleinem Werbebudget? An dieser Frage scheiden sich die Geister. Wir haben weitere Fachpersonen zu diesem Thema befragt. Lesen Sie die interessanten Kurzinterviews mit den Branchenexperten Roger Baur (IAB), Jean-Claude Grand (Gesellschaft für Marketing), Frank Bodin (ADC).