Kundenmanagement: Kampagnen neu denken

Kundenmanagement: Kampagnen neu denken Im Gespräch mit Professor Nils Hafner

«Der Kunde ist Partner», sagt Nils Hafner, Berater für CRM und Professor an der Hochschule Luzern. Darum sollten sich seiner Meinung nach auch Kampagnen viel stärker an der jeweiligen Situation der Kunden ausrichten. Ein Gespräch über Beziehungen, doofes Management und die Schweizer Bodenständigkeit.

Porträt von Nils Hafner
Fachmann für Kundenbindung und CRM-Lösungen: Nils Hafner spricht sich für ein Kundenmanagement aus, das CRM und Kampagnenmanagement integral betrachtet (Bild: FelderVogel).

Was macht für Sie eine gute Kampagne aus?

Dass sie im Sinne des ursprünglichen Ziels jeder Kampagne wirklich die richtigen Kunden zur richtigen Zeit an den richtigen Touchpoints mit den richtigen Botschaften anspricht. Eine gute Kampagne stimmt dabei den Content auf den Kontext ab – also auf die persönliche Situation, in der sich die Kunden gerade befinden. Menschen sind ja beweglich und haben individuelle Interessen. Die Unternehmen müssen wissen, wo und wie sie die Aufmerksamkeit ihrer Kunden gewinnen.

Wie gelingt es beim Kampagnenmanagement, den Content dem Kontext anzupassen?

Im Moment nicht gut. Denn die Kampagnen basieren noch zu wenig auf Kundendaten und sind zu wenig automatisiert. Das wird aber besser, wenn das Marketing in Zukunft über viel mehr Informationen verfügt. Stupide Cookies zum Beispiel gehören bald der Vergangenheit an. Es macht überhaupt keinen Sinn, beim digitalen Marketing einer Person, die eine Reise nach Paris gebucht hat, weitere Reisen nach Paris vorzuschlagen. Unternehmen müssen Kampagnen neu denken und mithilfe von Kundendaten verstehen, welche Werte der Kunde hat, an welchen Touchpoints er sich bewegt, was er will und welches dann die passende Botschaft ist.

Viele Unternehmen tun sich aber mit der Datenfülle ihres CRM schwer. Was empfehlen Sie ihnen, um die relevanten Daten einzugrenzen?

Unternehmen sollten sich fragen: Wie lernen sich Menschen kennen? 1973 formulierten zwei amerikanische Psychologen die Theorie der sozialen Durchdringung. Sie zeigten auf, dass Menschen sich Schritt für Schritt annähern. Fürs Kundenmanagement gehen wir am besten ähnlich vor. Wenn eine Bank jedoch schon beim ersten Kontakt alles von Ihnen wissen will, haben Sie kein gutes Gefühl. Gleichzeitig wächst bei Ihnen als Kunde mit der Datenmenge der Erwartungsdruck, den das Unternehmen oft nicht erfüllen kann. So haben Sie etwa wenig Verständnis, wenn Sie mehrmals nach den gleichen Daten gefragt werden. Unternehmen überlegen sich für ihr CRM also am besten eine Datenstrategie, mit der sie die Kunden sukzessive und sachlogisch kennenlernen. Dabei sollte der Schwerpunkt auf Daten zur Customer Journey liegen. Fürs Kundenmanagement als Ganzes und speziell für Kampagnen müssen Unternehmen nämlich zwei Dinge wissen: an welchen Touchpoints eines Kaufprozesses sich ihre Kunden entscheiden und welche Konsequenzen positive oder negative Erlebnisse entlang dieser Touchpoints auf die Kundenbeziehung haben.

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Beim Kampagnenmanagement wird noch immer oft in Kanälen und weniger in Kundenbedürfnissen gedacht. Wie lässt sich das ändern?

Ich habe den Eindruck, dass viele Unternehmen das gar nicht ändern wollen. Offenbar ist der Druck noch zu gering. Denn um die Silos abzureissen, bräuchte es nur eine Frage: Was will der Kunde? Doch statt den Schritt hin zum Kunden zu machen, setzt das Management weiterhin auf Pauschalregeln. Da ist die Schweiz noch sehr bodenständig.

Können Sie uns ein Beispiel geben?

Wir halten in der Schweiz wie die Wahnsinnigen am Telefon fest und geben dafür im Marketing viel Geld aus. Aber niemand will angerufen werden. Unternehmen glauben, die Kunden wollten das, weil sie sich bei einem Problem telefonisch melden. Dann lautet die Pauschalregel, die Kunden auf dem gleichen Kanal zu kontaktieren. Hier sehe ich vor allem beim Kundenservice ein riesiges Potenzial, die Customer Experience zu verbessern. Oft machen Marketing und Vertrieb bei den Kampagnen einen guten Job, doch der Kundendienst kann dann nicht liefern, weil die Mittel fehlen. Unternehmen priorisieren hier nicht nach den «Momenten der Wahrheit».

Welcher Phase im Prozess fürs Kampagnenmanagement wird aus Ihrer Sicht zu wenig Beachtung geschenkt?

Den Analytics. Wir sind noch sehr stark vom klassischen Marketing getrieben, das Kreativität in den Mittelpunkt stellt. Kampagnen gelten dann als gelungen, wenn der kreative Prozess jedes Mal neu beginnt. Dadurch verschenken wir allerdings Lernpotenzial. Bei der Arbeit mit Analytics hingegen machen wir immer grundsätzlich das Gleiche, verändern jedoch einzelne Parameter und lernen durch die Resultate die Kunden besser kennen. Beim Kampagnenmanagement sollte es also vermehrt darum gehen, datenbasiert zu lernen. Leider wird das häufig schon in der Planung vergessen. Jede Fachperson im Marketing weiss: Für die Planungsphase, den kreativen Teil der Kampagne, und die Umsetzung am Markt braucht es jeweils ein Budget. Das Analytics-Budget zum Lernen hingegen fehlt oft. Wenn eine Kampagne kreativ und gut umgesetzt ist, aber mangels Daten die früheren Fehler wiederholt, dann ist das für mich doofes Management.

Kampagnenmanagement ist ein Bestandteil des CRM. Wie lässt es sich in die CRM-Strategie einbinden?

Beim CRM geht es um Beziehungen. Eine Beziehung entsteht durch aufeinanderfolgende gute Erlebnisse. CRM ist also eng mit der Customer Experience verwandt. Für die CRM-Strategie sollte sich das Management der Unternehmen fünf Fragen stellen: Kennen wir die Journey unserer Kunden? Worüber sollten wir in der Beziehung mit unseren Kunden sprechen? Kann und sollte dieser Dialog automatisiert werden? Haben wir die nötige Infrastruktur? Und verfügen wir über die Daten, um die Botschaften an unsere Kunden auszuspielen? Durch die Antworten auf diese fünf Fragen lassen sich auch Kampagnen gut in die CRM-Strategie einbetten. Leider sind CRM und Kampagnenmanagement oft in verschiedenen Abteilungen angesiedelt und bei der Software getrennt. Das Marketing kümmert sich um die Kampagnen, die IT betreut das CRM-System. Diesen Fehler gilt es zu beseitigen – mit einem integralen Kundenmanagement, das beides umfasst.

Zur Person

Prof. Dr. Nils Hafner ist Dozent am Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ der Hochschule Luzern – Wirtschaft. Er gehört zu den Pionieren fürs Customer Relationship Management (CRM) und konzipierte das erste CRM Master Programm im deutschsprachigen Raum. Zu seinen fachlichen Schwerpunkten gehören neben CRM, Kundenmanagement und Kundenbindung unter anderem auch Change Management, Organisationsentwicklung und Finanzdienstleistungsmarketing.