Marketing auf TikTok – so klappt’s

Marketing auf TikTok – so klappt’s Welche Chancen die Videoplattform auch Schweizer Unternehmen bietet

Mehrere Jahre lang war TikTok ein Underdog im Schweizer Werbemarkt. Nun mausert sich die Videoplattform langsam zum Champion: Ob beim Nutzerzuwachs, der Reichweite oder der Engagement-Rate – kaum eine andere Plattform kann TikTok das Wasser reichen. Wer als Marke auf der Höhe der Zeit werben will, sollte sich auch mit TikTok auseinandersetzen.

Eine Frau hält ein Smartphone und schaut Tiktok
Wer TikTok für das Social-Media-Marketing und die Werbung nutzt, erreicht die Zielgruppe an einem wirkungsstarkem Touchpoint – der allerdings spezifischen Content erfordert.

Sie sind jung und verschlingen ein Buch nach dem anderen. Ihre Leseerlebnisse teilen sie in kurzen Videos. Dazu filmen sie sich etwa in ihrer Lieblingsbuchhandlung, zu Hause vor dem üppig bestückten Bücherregal oder in ihrer Leseecke. Stolz präsentieren sie in den Videos ihre neusten Bucherrungenschaften und erklären, warum sie dieses oder jenes Buch begeistert hat.

Die Rede ist von «Booktokern» – von TikTok-Nutzerinnen und -Nutzern, die unter dem Hashtag #BookTok ihre Videos teilen. Gehen diese viral, steigt die Nachfrage in den Buchhandlungen spürbar. Die kreativen und videoaffinen Bücherwürmer und Lese-Influencer haben also das ausgelöst, was sich Verlage und Buchhandlungen immer gewünscht, aber kaum noch für möglich gehalten haben: einen Leseboom bei der Generation Z.

Mittlerweile nutzen auch die Verlage und Buchhandlungen TikTok, um für ihre Bücher zu werben und bei jungen Menschen die Leselust zu wecken. Ein Beispiel dafür ist die Buchhandlung Orell Füssli. Sie setzt ihre jungen Buchhändlerinnen und Buchhändler als TikTok-Protagonisten ein: Diese Mitarbeitenden geben ungewohnte Einblicke in ihren Berufsalltag, teasern kreativ Bücher an und rennen in lustigen Challenges um die Wette, um möglichst schnell ihre Ferienlektüre, ihren Lieblingskrimi oder ihre Entdeckung des Monats aus dem Regal zu fischen. Das Ziel dahinter: Jugendliche und junge Erwachsene für gedruckte Bücher zu begeistern und in die Buchhandlung zu bringen. So schlägt TikTok eine Brücke zwischen der digitalen und der physischen Welt.

TikTok-Marketing verspricht Erfolg

Inzwischen erkennen auch immer mehr Unternehmen aus anderen Branchen den Wert von TikTok für ihr Marketing. Kein Wunder: TikTok ist längst die führende Videoplattform auf dem Smartphone, spricht zunehmend breitere Zielgruppen an und hat das Blödel-Image abgeschüttelt. Denn vermehrt werden auch anspruchsvolle Themen behandelt. Darüber hinaus bietet die Plattform gerade in der B2C-Kommunikation – viel stärker als übrige Social Media wie Facebook oder Instagram – die Möglichkeit, auf eine äusserst dynamische, interaktive und kreative Art mit der Zielgruppe in den Dialog zu treten.

Im Gegensatz zu anderen sozialen Netzwerken geht es auf TikTok in erster Linie um Unterhaltung und Interaktion – nicht um Vernetzung. Ein gutes Beispiel dafür sind die Hashtag-Challenges, eine typische Spielart dieser Plattform: Marken lancieren unter einem Hashtag ein Thema und animieren damit die TikTok-Nutzerinnen und -Nutzer, vergleichbare Videos zu produzieren und zu posten. Wenn die User und Influencer den jeweiligen Hashtag auf ihrem TikTok-Kanal benutzen, nehmen sie nicht nur an der Challenge teil. Sie posten gleichzeitig nutzergenerierten Content, was der Marke eine hohe Reichweite, ein intensives Engagement und neue Follower beschert.

Wie erfolgreich ein Video auf TikTok ist, entscheidet somit der Content – seine Relevanz und sein Unterhaltungswert. Gerade bei viralen Videos besteht zudem ein grosses Potenzial für kollektive Erfahrungen: Der Kommentarbereich ist eine Art digitales Lagerfeuer, um das sich alle sammeln und wo diskutiert wird. Deshalb entstehen bei TikTok leicht neue oder aktuelle Trends.

So machen Sie TikTok zu einem wirkungsstarken Touchpoint

Überlassen Sie TikTok nicht Ihrer Konkurrenz. Denn auf kaum einer anderen Plattform können Sie sich Ihrer Zielgruppe so sympathisch präsentieren. Unser Leitfaden mit zahlreichen Tipps zeigt Ihnen, wie Sie den Einstieg schaffen, eine Community aufbauen und sie begeistern.

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Das soziale Netzwerk wächst rasant

Die Stärken der App widerspiegeln sich in den schnell wachsenden Nutzerzahlen: Laut Hochrechnungen der auf TikTok-Marketing spezialisierten Agentur Kaltes Wasser hatte die Plattform im Sommer 2023 in der Schweiz 3,15 Millionen Nutzerinnen und Nutzer. Rund 75 Prozent der TikTok-Accounts gehören Menschen, die jünger als 35 Jahre sind – und somit immerhin 25 Prozent den Altersgruppen darüber.

Für Mario Schmid, Gründer und Geschäftsführer von Kaltes Wasser, ist klar, dass die Nutzerzahlen weiter steigen werden: «Gemäss unserer Prognose werden Anfang 2024 rund 3,8 Millionen Menschen in der Schweiz auf TikTok sein. Dabei wird auch die Zahl der Nutzerinnen und Nutzer aus älteren Generationen zunehmen.»

Grafik Schweizer TikTok-Nutzerzahlen
Schweizer TikTok-Nutzerzahlen im Juni 2023

Top bei Nutzungsdauer, Reichweite und Engagement-Rate

TikTok ist als Marketingkanal nicht nur interessant, weil die Nutzungszahlen steigen. Auch die Nutzungsdauer ist vergleichsweise hoch. Mario Schmid geht von einer durchschnittlichen Nutzungsdauer von rund eineinhalb Stunden pro Tag aus und betont: «Da kann keine andere Social-Media-Plattform mithalten.»

Erklären lasse sich das mit dem Algorithmus von TikTok – einem ausgeklügelten Empfehlungssystem, das den Nutzerinnen und Nutzern hochrelevanten Content auf der Für-Dich-Seite ausspielt. «Der Algorithmus funktioniert interessenbasiert. Er schlägt mir genau das vor, was mich interessiert. Und nicht etwa das, was meine Freundinnen und Freunde cool finden – wie zum Beispiel auf Instagram.» Dadurch gelingt es TikTok, die Aufmerksamkeit der Nutzerinnen und Nutzer stärker zu binden als andere Social Media. Diese versuchen derweil, die Lücke in der Nutzungsdauer mit eigenen Kurzvideoformaten zu schliessen: Instagram mit Reels, Youtube mit Shorts.

18 Sekunden lang, alle drei Sekunden etwas Neues und ein abrupter Schluss: Mario Schmid zeigt, wie TikTok geht.

Bei der Reichweite und dem Engagement spielt TikTok ebenfalls in der obersten Liga:

  • Reichweite: Auf der Für-Dich-Seite können die Nutzerinnen und Nutzer Content von Creatorn und Influencern entdecken, ohne ihnen vorab folgen zu müssen. Deshalb haben gute Videos ein hohes Potenzial, viral zu gehen und Tausende Aufrufe und Likes zu erhalten.
  • Engagement: Das Neuromarketing-Unternehmen Neuro-Insight zeigte im Jahr 2021 in einer Studie, dass das Engagement auf TikTok um 15 Prozent höher ist als auf anderen Social Media – es wird also besonders fleissig gelikt, geteilt und selbst gefilmt.

Nutzungsdauer, Reichweite und Engagement-Rate zusammengenommen, bietet TikTok für Unternehmen jeder Grösse Chancen für das Marketing. Diese Erfahrung macht Sira Berli tagtäglich. Als Gründerin der TikTok-Agentur Swisstok setzt sie die Social-Media-Plattform für verschiedene Marketingziele ein: «Von Branding und Awareness über Abverkauf bis zur Kundenbindung – wer mit TikTok auf der Customer Journey die richtigen Impulse setzt, erreicht seine Ziele im Marketing.»

Warum auch Ihr Unternehmen auf TikTok sein sollte. Sira Berli von Swisstok weiss es.

 

Kritik an TikTok

Die Social-Media-Plattform sieht sich zunehmend mit Kritik konfrontiert. So wird TikTok unter anderem vorgeworfen, Kontaktdaten der Nutzerinnen und Nutzer an den chinesischen Mutterkonzern Byte Dance weiterzugeben, mangels End-to-End-Verschlüsselung alles «mitzulesen», mit dem Ortungsdienst der App Bewegungsprofile der Nutzerinnen und Nutzer zu erstellen und beim Jugendschutz hinterherzuhinken. Aufgrund der Sicherheitsrisiken verbieten verschiedene Regierungen ihren Mitarbeitenden, TikTok auf Diensthandys zu installieren, so zum Beispiel Deutschland, Belgien, Kanada und die USA. In der Schweiz gibt es bisher kein solches Verbot.

Unternehmen zurückhaltend mit TikTok-Marketing

Es gibt also viele gute Gründe, TikTok-Marketing zu betreiben und den Social-Media-Kanal in den Mediamix zu integrieren. Trotzdem wagen sich etliche Schweizer Unternehmen noch nicht an die Plattform heran. Das zeigt die Bernet ZHAW Studie Social Media Schweiz 2022. Obwohl TikTok leicht zugelegt hat, bleiben die wichtigsten Social Media für Organisationen und Unternehmen demnach Facebook, LinkedIn, Instagram und YouTube.

Über die Gründe für diese Zurückhaltung gegenüber TikTok gibt die Studie keinen Aufschluss. Eine mögliche Erklärung: Die Unternehmen nehmen an, dass ihre Zielgruppe nicht auf TikTok anzutreffen ist. Oder die häufig geäusserte Kritik am sozialen Netzwerk führt zu gewissen Berührungsängsten. Siria Berli von Swisstok nennt weitere Gründe: «Einige Unternehmen glauben immer noch, dass nur tanzende Kinder auf TikTok aktiv sind. Andere befürchten, etwas falsch zu machen und die Brand Safety zu gefährden. Tatsächlich haben kleine Unternehmen weniger zu verlieren. Sie legen einfach los und probieren aus – oft mit Erfolg.»

TikTok tickt anders

Die Berührungsängste gegenüber TikTok dürften aber auch damit zusammenhängen, dass die Plattform ganz anders funktioniert als die bekannte klassische Werbung und sogar als übriges Social-Media-Marketing. Botschaften respektive die Form der Vermittlung müssen nämlich sorgfältig auf den Kanal angepasst werden, um zu wirken. «Auf TikTok zählt Authentizität. Wer sich verstellt, verliert», weiss Siria Berli. «Ausserdem machen viele den Fehler, zu werberische Videos zu produzieren.» Auf TikTok gehe es auch in der Werbung in erster Linie um Unterhaltung. Dem stimmt Mario Schmid zu: «Es reicht nicht, ein Produkt zu platzieren, knackige Botschaften zu formulieren und einen Call-to-Action zu setzen. Auf TikTok muss man Geschichten erzählen.»

Im Social-Media-Marketing nimmt TikTok also eine Sonderstellung ein. Werbetreibende müssen ihre Botschaften kreativ und in der TikTok-eigenen Tonalität vermitteln. «Was auf anderen Social Media funktioniert, bleibt auf TikTok wirkungslos», so Mario Schmid. Selbst Werbevideos sind am besten im gleichen Stil produziert wie organische TikToks. «Am Schluss ist es immer wichtig, Raum für Interaktion zu lassen», erklärt Siria Berli. «Denn interagieren die Nutzerinnen und Nutzer, kommt das Video zum Fliegen.»

TikTok wird zur beliebten Suchmaschine der Gen Z

Junge Menschen wünschen sich auch bei der Internetsuche visuell ausdrucksstarke Inhalte – die «Visual Search» wird also immer wichtiger. Laut Prabhakar Raghavan, Senior Vice President von Google, greifen rund 40 Prozent der Internetnutzerinnen und -nutzer zwischen 18 und 24 Jahren nicht mehr auf Google zurück, wenn sie zum Beispiel nach einem Restaurant suchen – sondern auf TikTok oder Instagram (Quelle: Interview Brainstrom Tech 2022, publiziert auf fortune.com). Das gilt mittlerweile auch für viele andere Inhalte: So wird auf TikTok nach Rezepten und Anleitungen gesucht. Oder die User informieren sich über News, Sport und sogar über politische Ereignisse.

20 Prozent falsche Informationen

Bei der Nutzung von TikTok als Informationsquelle ist allerdings Vorsicht geboten. Laut dem «Missinformation Monitor» von NewsGuard, einem Rating-System für News- und Informationsplattformen, liefern rund 20 Prozent der Suchanfragen auf der Social-Media-Plattform zu Themen wie der russischen Invasion in der Ukraine, Schulschiessereien oder COVID-Impfstoffen falsche Informationen.

TikTok als Teil crossmedialer Kampagnen

TikTok lässt sich durchaus auch in crossmediale Kampagnen einbinden. Allerdings ist die Videoplattform etwas eigenwilliger als andere Kanäle, weil sie ihre eigenen Regeln hat. Das bestätigt Philippe Hansen, Strategy Director und Partner bei der Kommunikationsagentur BOLD: «Für TikTok produzieren wir spezifischen Content. Die Videos sind schnell, dynamisch, rotzig. Ausserdem lassen sich Sprache, Codes und Machart nicht eins zu eins für andere Kanäle und Medien übernehmen.» Umgekehrt sei es genauso ein Fehler, Content auf TikTok auszuspielen, der für andere Kanäle produziert wurde. «Das funktioniert nicht. Für TikTok braucht es immer eine Extraschlaufe», so Philippe Hansen.

Trotz der anderen Machart: Die Kernbotschaften der Kampagne müssen auch auf TikTok rüberkommen. Das sei eine schöne und kreative Aufgabe, erklärt Philippe Hansen: «Wir versuchen dabei stets, den Spagat zwischen Markenidentität und TikTok-spezifischer Kommunikation zu schaffen – zwischen professioneller und gleichzeitig authentischer Produktion.» Natürlich brauche es Mut, die klassischen Pfade der Werbung zu verlassen. Doch der Aufwand lohne sich: «Wer TikTok in seine Kampagnen integriert, erreicht seine Zielgruppe an einem zusätzlichen Touchpoint mit starker Wirkung.»

Erfolgsfaktoren für den Auftritt auf TikTok
Klare TikTok-Strategie

Wer mit TikTok erfolgreich kommunizieren will, braucht eine Strategie und realistische Ziele: Soll die Markenbekanntheit erhöht, die Kundenbindung gestärkt, das gewünschte Markenimage verankert oder ein Produkt gezielt abverkauft werden? Bei diesen Fragen unterscheidet sich das TikTok-Marketing also nicht von anderen Werbemassnahmen.

Kreative Authentizität

Auf TikTok sind Inhalte gefragt, die sowohl authentisch als auch kreativ sind. Unternehmen, die ihre Identität auf einzigartige und originelle Weise ausdrücken oder ihre Produkte humorvoll und ungekünstelt darstellen, haben gute Chancen, eine loyale Community aufzubauen.

Inhalte zum Mitmachen

Auf TikTok erfolgreiche Unternehmen ermutigen ihre Zielgruppe immer wieder, sich aktiv an ihren Inhalten zu beteiligen. Dies kann in Form von Challenges, Duetten oder anderen interaktiven Formaten geschehen. Der grosse Vorteil davon: Wenn Nutzerinnen und Nutzer Teil des Markenerlebnisses werden können, steigt nicht nur die Engagement-Rate, sondern es entsteht auch eine emotionale Bindung.

Kontinuität und Reaktionsfähigkeit

Unternehmen, die regelmässig hochwertigen Content teilen und auf Feedback reagieren, bauen eine starke Präsenz auf. Die Fähigkeit, aktuelle Trends schnell zu erkennen und einfliessen zu lassen und sich an laufenden Debatten zu beteiligen, zeigt der Zielgruppe: Das Unternehmen ist aktiv, auf der Höhe der Zeit und relevant.

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