Mediaplanung mithilfe von KI Wie Mediaagenturen Künstliche Intelligenz einsetzen
Gut geplant ist halb gewonnen. Das gilt auch für die Mediaplanung crossmedialer Werbekampagnen. Um dabei die Effizienz der eigenen Arbeit zu steigern und noch effektivere Mediastrategien zu entwickeln, setzen die Mediaagenturen auch auf Künstliche Intelligenz. Erfahren Sie am Beispiel von Havas Media Schweiz, wie der Prozess der Mediaplanung heute abläuft und wo dabei KI-Tools zum Einsatz kommen.
Phase 1: Mediastrategie erarbeiten
Rebriefing
In diesem ersten Schritt – auch Briefing Recap genannt – klärt die Mediaagentur mit der Kundin, ob sie das Briefing richtig verstanden hat. Dazu fasst sie den Auftrag und die Erwartungen zusammen. So lassen sich Unklarheiten und Missverständnisse beseitigen. Gemeinsam klären und schärfen Agentur und Kundin die Ziele und KPIs, die mit der Mediastrategie erreicht werden sollen. Dabei betrachten sie drei Zielkategorien: Businessziel, Kommunikationsziel und Mediaziel. Das Businessziel eines Getränkeherstellers könnte zum Beispiel lauten, mehr Umsatz im Segment Retail zu generieren. Davon abgeleitet ist Consideration (Produkt in Erwägung ziehen) das Kommunikationsziel; Reichweite und Kontaktfrequenz sind die Mediaziele.
Marktanalyse
Mit dieser Analyse verschafft sich die Mediaagentur Antworten auf wichtige Fragen zur Kundin und ihrem Umfeld:
- Wie entwickelt sich der Markt der Kundin und wie das Unternehmen selbst?
- Wie ist es mit seinen Angeboten im Markt positioniert?
- Welche Mitbewerber gibt es, wie positionieren sie sich und wie ist ihre Marktpräsenz?
Gerade bei neuen Kundinnen sind diese Erkenntnisse essenziell, um eine erfolgreiche Mediastrategie zu entwickeln.
«Für solche Research-Aufgaben nutzen wir ChatGPT. Das KI-Tool hilft uns am Anfang, eine sinnvolle Struktur für die Recherche zu finden. Anschliessend liefert es uns wertvolle Insights, trägt Zahlen zusammen – etwa aus Geschäftsberichten – und bereitet alle Daten sinnvoll auf. Selbstverständlich prüfen wir die Resultate kritisch und ergänzen sie mit eigenen Erkenntnissen.»
Timo Bendel, Senior Account Director, Havas Media Schweiz
Zielgruppenanalyse
In ihrem Briefing hat die Kundin die Zielgruppe bereits beschrieben. Die Mediaagentur hinterfragt diese Definition noch einmal. Dazu analysiert sie, was die Zielgruppe kennzeichnet: welche Interessen und Werte sie hat, welches Kaufverhalten sie zeigt, wie sie Marketing und Werbung wahrnimmt und welche Werbewirkung bei ihr zu beobachten ist. Das Resultat der Analyse ist eine Persona.
«Um die Zielgruppendefinition der Kundin zu ‹challengen›, verwenden wir grosse Datenmengen aus der schweizweit grössten Konsum-Medien-Studie MACH Consumer. Eine manuelle Auswertung wäre allerdings mit einem riesigen Aufwand verbunden. Das WEMF-Tool ‹Next>Level› mit KI-Funktionen bringt uns hier eine enorme Effizienzsteigerung. Es liefert uns Insights und berechnet Korrelationen zur Zielgruppe. Hierbei handelt es sich also nicht um ein generatives Tool, sondern um ein reines Analyseinstrument.»
Mediennutzungsanalyse
Über welche Touchpoints und zu welchen Zeiten lassen sich die Zielpersonen am effizientesten erreichen? Diese Frage klärt die Mediennutzungsanalyse. Dabei werden die Präferenzen und das Verhalten der Zielgruppe beim Medienkonsum und ihre Reaktionen auf Medieninhalte untersucht. Dazu wertet die Mediaagentur ähnlich wie bei der vorherigen Zielgruppenanalyse zahlreiche Datensätze aus.
«Auch dafür setzen wir auf Daten von MACH Consumer und auf ‹Next>Level›. Das KI-Tool liefert uns in kürzester Zeit verdichtete und qualitativ hochwertige Ergebnisse zur Mediennutzung.»
Planungsansätze
Die vorherigen Schritte haben der Mediaagentur wertvolle Erkenntnisse geliefert. Davon leitet sie sogenannte Planungsansätze ab. Diese dienen als strategische Leitplanken: Sie helfen der Kundin, den roten Faden für die nachfolgende Mediaplanung zu erkennen und den gewählten Mediamix nachzuvollziehen.
Ein Beispiel: Die Analyse hat ergeben, dass sich das Business-, das Kommunikations- und das Mediaziel am besten bei einer älteren Zielgruppe erreichen lassen, die sehr TV-affin ist. Allerdings sind die Wettbewerber in der für die Branche wichtigen Zeit vor Feiertagen wie Ostern und Weihnachten bereits stark präsent mit TV-Spots. Ein Planungsansatz könnte nun lauten, eine Off-Season-Strategie zu wählen und die TV-Werbung somit antizyklisch zur Konkurrenz zu schalten.
Provisorischer Mediaplan
Diese Planungsarbeit – ein zentraler Schritt im Media-Planungsprozess – erfolgt bisher noch ohne Unterstützung durch KI. Die erste Version des Mediaplans bildet die Planungsansätze ab und kann schon sehr spezifisch sein: Der Plan zeigt auf, wann, in welchen Medien und mit welcher Frequenz die Werbung der Kundin erscheint. Setzt die Mediaagentur zum Beispiel auf Digital Out of Home, weist der provisorische Mediaplan bereits die Anzahl Screens in den einzelnen Regionen der Schweiz aus. Deshalb muss der Mediaplan datenbasiert sein: Die Mediaagentur holt dafür Offerten der Werbeanbieter ein, noch ohne sie aber nachzuverhandeln.
Präsentation Mediastrategie
Um der Kundin die Mediastrategie in attraktiver Form zu präsentieren, erstellt die Mediaagentur eine übersichtliche Präsentation inklusive KPIs, Leistungswerten und Empfehlungen für die nächsten Schritte.
«Bisher war dieser wichtige Schritt mit einem grossen Aufwand verbunden. Doch unsere Mitarbeitenden sollen keine Designer sein, sondern Analysten und Berater. Deshalb testen wir derzeit verschiedene generative KI-Tools, um schneller Präsentationen zu erstellen. Die eingesparte Zeit wollen wir investieren, um noch bessere Mediastrategien zu entwickeln.»
Phase 2: Mediastrategie umsetzen und optimieren
Definitiver Mediaplan
Die Kundin hat die Mediastrategie und den provisorischen Mediaplan genehmigt. Nun geht es darum, beim Mediaeinkauf bessere Konditionen zu erzielen. Dazu verhandelt die Mediaagentur mit den Werbeanbietern nach, um Rabatte und kostenlose Werbeplätze (Freespace) zu erhalten. Liegt der definitive Mediaplan vor, bekommt die Kundin ihn nochmals zur Freigabe.
Für diesen Schritt arbeiten Mediaagenturen heute mit Mediatools – bisher noch ohne KI-Funktionen –, in die sie über Schnittstellen sämtliche Offerten von Werbeanbietern einlesen können. Das erleichtert es ihnen, für nationale, crossmediale Kampagnen mit vielen Anbietern einen einzigen kanalübergreifenden Mediaplan zu erstellen.
Diese Mediatools dienen den Mediaagenturen als verlässliche «Single Source of Thruth»: Die Daten aller Kundinnen und aller Anbieter sind damit an einem Ort zentralisiert. Will eine Kundin zum Beispiel wissen, wie viele physische Plakate in welchem Format sie für eine Kampagne drucken lassen muss, erfordert dies bei der Mediaagentur kein aufwendiges Zusammentragen von Daten mehr wie früher. Per Klick lassen sich die Angaben aus dem System ziehen.
Umsetzung Mediaplan
Ist der Mediaplan freigegeben, bestätigt die Mediaagentur gegenüber den Werbeanbietern die Buchungen (Insertion Orders). Bei programmatischen Buchungen setzt sie die Kampagnen in der Demand-Side-Plattform auf. Dazu hinterlegt sie unter anderem Ziele, Targetings und Preisobergrenzen. Deckt die Agentur mit ihrem Mediaplan auch die Suchmaschinenwerbung (SEA) ab, erstellt sie dazu Keyword-Listen und richtet die Kampagne auf den gewünschten Suchmaschinen ein.
«Für die Video- und Displaywerbung gibt es von den grossen Publishern wie Google und Meta (Facebook) gleich mehrere Tools, um Kampagnen mithilfe von Künstlicher Intelligenz und Algorithmen optimal aufzusetzen. Sie bieten unseren Trading-Mitarbeitenden viele Stellschrauben. Auch für die Keyword-Analyse bei der Suchmaschinenwerbung setzen wir auf KI: Basierend auf Zielen und Zielgruppen liefert ChatGPT beeindruckend treffsichere Keyword-Listen.»
Monitoring und Optimierung
Vor allem bei der Onlinewerbung sind Mediapläne nicht mehr statisch, sondern werden während der Kampagne laufend optimiert. Auf Basis von Performance-Daten passt die Mediaagentur Targetings an und schichtet das Budget auf die stärksten Kanäle und Werbemittel (Creatives) um. So sollen bei den KPIs möglichst hohe Leistungswerte erreicht werden.
«Während laufender Kampagnen ziehen wir zu den direkt gebuchten Werbeplatzierungen umfassende Datensätze aus unseren Systemen. ChatGPT hilft uns bei der Auswertung: Das KI-Tool berechnet Korrelationen und zeigt uns zum Beispiel, welches Werbesujet auf welchem Kanal am stärksten performt und den grössten Erfolg verspricht.»
Phase 3: Mediastrategie auswerten
Leistungsanalyse und Reporting
Nach Abschluss der Kampagne führt die Mediaagentur eine Leistungsanalyse durch. Sie vergleicht die erreichten KPIs mit den gesetzten Zielen und berechnet Kennzahlen wie den Return on Investment und die Cost per Acquisition, um Effektivität und Effizienz der Kampagne zu bewerten. Das Reporting für die Kundin beinhaltet neben solchen quantitativen Auswertungen auch qualitative Aussagen zur Wirkung der Mediastrategie und Empfehlungen für nächste Kampagnen.
«Auch bei diesem letzten Schritt einer Kampagne gibt es grosse Datenmengen zu analysieren. Mit ChatGPT berechnen wir die Performance und leiten ab, welches die Highlights und die Lowlights der Kampagne waren.»