KI bei Mediaagenturen – ein Gamechanger?

KI bei Mediaagenturen – ein Gamechanger? Expertengespräch zum Einsatz Künstlicher Intelligenz bei der Mediaplanung

Mehr Effizienz bei der Mediaplanung: Das erhoffen sich viele Werbetreibende vom KI-Einsatz bei Mediaagenturen. Ist diese Erwartung realistisch? Lara Jelinski, Nannette Passberg und Moritz Schneider diskutieren darüber, wie sie KI in die Arbeit ihrer Teams integrieren, die Qualität der Resultate sicherstellen und damit ihren USP erhalten.

Porträtbilder von Lara Jelinski, Moritz Schneider und Nannette Passberg
Lara Jelinski, Moritz Schneider und Nannette Passberg sind sich einig: Auch wenn KI-Tools heute viele Arbeiten erleichtern, bleibt die individuelle Kundenberatung das Herzstück jeder Mediaplanung.

Wie hat Künstliche Intelligenz die Strategie Ihrer Mediaagentur verändert?

Lara Jelinski, CEO Dentsu Media Switzerland: Unsere internationale Strategie ist langfristig angelegt. Künstliche Intelligenz spielt darin schon seit mehreren Jahren eine wichtige Rolle – gerade was das Knüpfen von Partnerschaften betrifft. Sie dient uns als Werkzeug, um menschliches Denken mit maschineller Umsetzung zu kombinieren. Das Ziel ist, bei der strategischen und der taktischen Mediaplanung mehr Zeit für echte Denkarbeit und die Beratung zu haben. Darum führen wir unsere Mitarbeitenden gezielt an diese Technologien heran.

Moritz Schneider, CEO Mediaschneider: KI hat in erster Linie unsere Arbeitsweisen und -prozesse verändert. Vor allem im operativen Bereich hilft sie uns, vieles effizienter zu erledigen. Manche Aufgaben, für die früher mehrere Arbeitskräfte notwendig waren, kann heute eine Person allein erledigen. Unsere grundsätzliche Strategie ist jedoch unverändert geblieben: Wir setzen den Fokus weiterhin auf persönliche Kundenberatung und massgeschneiderte Lösungen.

Nannette Passberg, CCO Omnicom Media Group Schweiz: KI ist gekommen, um zu bleiben. Aber deshalb die Strategie als Mediaagentur grundlegend zu ändern, wäre falsch. Der Purpose unseres Unternehmens inklusive unserer Strategie steht über der operativen Nutzung von Instrumenten. KI-Tools sollen uns schneller, flexibler und effizienter machen. Unseren Kundinnen und Kunden erleichtern sie dank einer optimierten Mediaplanung den Zugang zu Informationen über ihre Zielgruppen und eine barrierefreie Einsicht in Kampagnenreportings. Unsere Ausrichtung als Unternehmen und unsere Werte verändern sie aber nicht.

Für welche Aufgaben der Mediaplanung nutzen Sie KI-Tools?

Moritz Schneider: Seit drei Jahren unterstützt uns ein KI-basiertes Mediatool. Es überführt sämtliche Daten in eine standardisierte Struktur. So erhalten wir eine lange Zeitreihe an Leistungs- und Planungsdaten. Diese Datenbank ist die Basis für eine weitere KI-Funktion unseres Mediatools, die wir künftig nutzen. Ein Beispiel dazu: Nehmen wir an, eine Mediaplanerin will einen Werbeplatz beim Publisher X buchen. Dieser Werbeplatz erreichte in der Vergangenheit unterdurchschnittliche Leistungswerte. Dann wird unser Mediatool die Mediaplanerin auf Basis früherer Daten warnen, dass die Buchung schlechte Leistungswerte erzielen könnte, und ihr als bessere Alternativen die Publisher Y und Z vorschlagen. Solche Vorhersagen und Empfehlungen sind derzeit noch einfach gehalten. Aber ich bin überzeugt: In naher Zukunft werden wir massive Fortschritte sehen. So können wir unsere Mediaplanung datengestützt verbessern.

Lara Jelinski: Auch wir nutzen KI-Tools, um gewisse Arbeiten einfacher und effizienter zu erledigen – etwa Datenverarbeitung und -analysen, Content-Erstellung, Übersetzungen und Textkürzungen. Das sind vor allem Quick Wins. Richtig spannend wird es jedoch erst mit Eigenlösungen. Deshalb sind bei uns weltweit KI-Entwicklerinnen und -Experten im Einsatz, die mit Partnertechnologien arbeiten und KI-Dienste für uns nutzbar machen. Unter anderem haben wir bestehende Tools mit KI-Komponenten angereichert, setzen KI-gestützte Workflows um und haben ein KI-basiertes Targeting mit Performance-Garantie entwickelt. Im Vergleich zu KI-Produkten von der Stange bieten diese Eigenlösungen einen enormen Mehrwert. Bei all dem dürfen wir aber die Mitarbeitenden nicht vergessen. Wir müssen sie bei der Anwendung von KI begleiten.

Nannette Passberg: Das ist ein zentraler Punkt. Unsere Aufgabe besteht darin, die Mitarbeitenden ein Stück weit zu schützen und sie zu sensibilisieren: Nicht alles, was die KI generiert, sind relevante Insights für die taktische Mediaplanung. Darum finde ich es besser, KI zuerst bei operativen Aufgaben einzusetzen, auf diesen Erfahrungen aufzubauen und dabei die generierten Ergebnisse immer wieder mit gesundem Menschenverstand zu überprüfen. Unser Berufsbild wird nicht obsolet, aber es verändert sich. Ein Teil unserer Aufgabe sollte es daher sein, das bestehende Profil den neuen Gegebenheiten anzupassen und weiterzuentwickeln.

Lara Jelinski: Genau, das Ganze ist eine Evolution. Und du hast etwas Wichtiges gesagt: Die Mitarbeitenden brauchen eine sichere Umgebung, in der sie die Technologie ausprobieren können und lernen, die Ergebnisse zu interpretieren.

Moritz Schneider: Im Werbemarkt werden immer mehr KI-basierte Produkte beworben, die versprechen: «Mit uns brauchst du gar keine Mediaplanung mehr. Vertrau uns einfach dein Mediabudget an und die Maschine holt das Optimum raus. Denn sie kann es am besten.» Doch wenn sich Werbetreibende blind auf die KI verlassen und die Kontrolle abgeben, wird es gefährlich.

Planen Sie Ihre Werbemassnahmen systematisch

Unser Jahresplan dient Ihnen als Vorlage für die Medien- und Massnahmenplanung – übersichtlich strukturiert nach Paid, Owned und Earned Media. So erstellen Sie den perfekten crossmedialen Werbemix, denken an alles Wichtige und behalten jederzeit den Überblick.

Jetzt Jahresplan kostenlos anfordern

Wie hat sich die Zusammenarbeit mit Ihren Kundinnen und Kunden durch den Einsatz von KI verändert?

Lara Jelinski: Bisher nicht grundlegend. Wir nehmen jedoch ein wachsendes Interesse an Künstlicher Intelligenz wahr: Viele Kundinnen und Kunden wollen wissen, wie wir diese einsetzen. Jeder erhofft sich schnelle Effizienzsteigerungen bei der Mediaplanung. Doch wir sind noch weit davon entfernt, flächendeckend und substanziell Zeit einzusparen. Der enorme Aufwand für die Implementierung und das Training der Mitarbeitenden wird oft unterschätzt.

Nannette Passberg: Unsere Kundinnen und Kunden sind ebenfalls sehr neugierig, was den Einsatz von KI anbelangt. Für eine zukunftsorientierte Kundenbeziehung ist das eine gesunde Entwicklung, da das Interesse von beiden Seiten gleichermassen stark ist. Allerdings erfordert dies auch Verständnis und einen Konsens, dass im ersten Schritt nicht alles sofort schneller geht, sondern zuerst einmal ein Initialaufwand zu bewältigen ist.

Lara Jelinski: Absolut. Da haben wir gegenüber unserer Kundschaft Aufklärungsarbeit zu leisten. Und wir müssen uns rasch umfangreiches Wissen aneignen, um die vielen Kundenfragen zu diesem Thema kompetent beantworten zu können.

Moritz Schneider: Bei uns bleiben der Kundenkontakt und die Beratung das A und O. Wir machen heute sogar mehr physische Meetings als früher. Den persönlichen Kontakt kann die Technik nicht ersetzen.

Stellen sich mit dem Einsatz von KI in der Mediaplanung ethische Fragen?

Moritz Schneider: Ja, besonders beim Einsatz generativer KI. Denn jedes Ergebnis, das diese Art KI ausspuckt, ist bloss das Resultat einer Wahrscheinlichkeitsrechnung. In der Mediaplanung bedeutet das zum Beispiel: Wenn eine Kampagne ausschliesslich auf das Kriterium Effizienz optimiert werden soll, tut die KI alles, um dieses Ziel zu erreichen. Sie wird auch Werbeplätze auf fragwürdigen Webseiten empfehlen oder sogar buchen, falls sie hohe Conversion-Raten versprechen. Da hat die KI keine ethischen Bedenken. Deshalb ist es entscheidend, als Mediaagentur die vorgeschlagenen Platzierungen zu überprüfen. Das ist zwar aufwendig und kann sich negativ auf die Perfomance auswirken. Aber es gibt uns die Sicherheit: Die Kanäle, auf denen die Werbung unserer Kundschaft läuft, haben eine von uns abgesegnete Qualität.

Nannette Passberg: Das finde ich ganz wichtig. Denn wir geben ein Qualitätsversprechen ab. Wir können die KI also nicht einfach die Mediaplanung optimieren lassen und uns auf die Resultate verlassen. Stattdessen müssen wir Prozesse entwickeln, um mit der Herausforderung möglicher ethischer Konflikte systematisch und nachvollziehbar umgehen zu können.

Lara Jelinski: Dazu gehört auch, unsere Kunden und Mitarbeitenden über die Risiken von KI zu informieren. Es kann zum Beispiel zu diskriminierenden Resultaten kommen, wenn die zugrunde liegenden Daten tendenziös sind. Unsere Verantwortung ist es daher, unsere Kundinnen und Kunden vor falschen oder beeinflussten Ergebnissen zu schützen. Der Artificial Intelligence Act der EU gibt uns Richtlinien vor, an denen wir uns orientieren und die wir konsequent einhalten wollen. Das betrifft etwa die Urheber- und Datenschutzrechte. Darüber hinaus müssen wir sicherstellen, dass die Daten zum Trainieren der KI-Modelle rechtlich einwandfrei verwendet werden und auch die Eingaben unserer Nutzerinnen und Nutzer vollständig anonymisiert sind.

Lara Jelinski

ist CEO von Dentsu Media Switzerland

Portrait Lara Jelinski

Moritz Schneider

ist CEO von Mediaschneider

Portrait Moritz Schneider

Nannette Passberg

ist CCO von Omnicom Media Group Schweiz

Portrait Nannette Passberg

So gewinnen Sie Kunden und generieren Umsatz

Wir helfen Ihnen gerne mit aussagekräftigen Analysen, praxisnahen Ideen und erfolgreichen Strategien. Damit Dialogmarketing in Ihrer Hand zum effizienten Werbewerkzeug wird.

Ich will mich beraten lassen