Experteninterview: Gewinnspiele rechtssicher umsetzen

Experteninterview: Gewinnspiele rechtssicher umsetzen Rechtsanwalt Martin Steiger über Gesetze, Risiken und Lösungen

Gewinnspiele sind ein Publikumsmagnet. Doch damit sie nicht zum juristischen Stolperstein werden, gilt es einiges zu beachten. Welche Gesetze sind in der Schweiz relevant? Und über welche Punkte müssen Sie die Teilnehmenden informieren? Rechtsanwalt Martin Steiger erklärt Ihnen, welche rechtlichen Risiken bei Gewinnspielen als Marketingmassnahme lauern und wie Sie diese vermeiden.

Portrait von Martin Steiger
Für Rechtsanwalt Martin Steiger ist eine transparente Kommunikation das A und O bei Gewinnspielen: Die Teilnehmenden müssen klar über Teilnahmebedingungen, Preise und die Verwendung ihrer Daten informiert werden. Foto: Peter Sennhauser

Was ist ein Gewinnspiel juristisch gesehen?

Martin Steiger: Juristisch gibt es keine allgemeingültige Definition von Gewinnspiel. Häufig verwendete Begriffe wie eben «Gewinnspiel» oder auch «Lotterie», «Verlosung» und «Wettbewerb» müssen mit Leben gefüllt werden. Im Alltag reicht die Verwendung solcher Begriffe aber meistens aus, um klarzumachen, worum es geht: Wenn wir von einem Gewinnspiel sprechen, ist eine Aktion gemeint, bei der man durch Teilnahme die Chance hat, etwas zu gewinnen, üblicherweise durch eine Zufallsziehung.

Welche Gesetze und Bestimmungen regeln in der Schweiz das Gewinnspiel?

Es gibt drei besonders relevante Gesetze: Erstens stellt das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) sicher, dass alle Marktteilnehmerinnen und -teilnehmer gleich lange Spiesse im Konkurrenzkampf haben – auch bei Gewinnspielen. Zweitens ist das Bundesgesetz über Geldspiele (BGS) zu beachten, das bestimmte Formen von Geldspielen wie Lotterien und Sportwetten reguliert. Es greift aber in der Regel nicht bei klassischen Marketing-Gewinnspielen, da diese meist keinen finanziellen Einsatz erfordern. Drittens ist das Datenschutzgesetz (DSG) relevant. Denn Gewinnspiele haben oft den Zweck, personenbezogene Daten zu sammeln. Darunter fallen zum Beispiel Namen, Geburtsdaten, Postadressen und E-Mail-Adressen.

Gibt es Arten von Gewinnspielen, die in der Schweiz eine spezielle Bewilligung erfordern?

Normalerweise brauchen klassische Gewinnspiele wie Wettbewerbe oder Verlosungen keine Bewilligung. Eine solche ist nur dann erforderlich, wenn das Gewinnspiel als Geldspiel im gesetzlichen Sinn eingestuft wird. Dies ist in erster Linie der Fall, wenn ein finanzieller bzw. geldwerter Einsatz verlangt wird oder ein Rechtsgeschäft abgeschlossen werden muss. Der Klassiker sind Casinos und Spielbanken. Falls möglich sollte man es im Marketing vermeiden, unter das Geldspielgesetz zu fallen. Die Hürden für die notwendige Bewilligung wären zu hoch. Wer also ein Gewinnspiel durchführt, sollte darauf achten, dass die Teilnahme kostenlos und unverbindlich möglich ist. Sobald ein Gewinnspiel an einen Kauf oder ein anderes Rechtsgeschäft geknüpft ist, wird die rechtliche Lage komplexer.

Inwiefern?

Ist die Teilnahme beispielsweise nur durch den Kauf von Waren oder Dienstleistungen möglich, handelt es sich um einen geldwerten Einsatz. Nur unter strengen Voraussetzungen fällt man damit ausnahmsweise nicht unter das Geldspielgesetz. Die Aktion darf dann zum Beispiel nur kurzzeitig durchgeführt werden. Deshalb ist meine Empfehlung an Marketingverantwortliche: Führen Sie gewöhnliche Gewinnspiele durch, denn damit umgehen Sie das Geldspielgesetz weiträumig. Wenn dennoch ein Kauf mit der Teilnahme verknüpft wird, etwa durch ein Los bei einem Produktkauf, empfehle ich, immer auch eine kostenlose und unverbindliche Teilnahme zu ermöglichen und sich von einer Fachperson beraten zu lassen.

Wenn Sie ans Gewinnspielmarketing denken: Was sind die wichtigsten Bestimmungen, an die sich Werbetreibende halten müssen?

Transparenz ist das A und O. Die Teilnehmenden müssen klar erkennen können, was sie erwartet: Welche Preise gibt es zu gewinnen? Wie kann ich teilnehmen? Bis wann läuft das Gewinnspiel? Und wie werden die Gewinnerinnen und Gewinner ermittelt? Ebenso wichtig ist, dass die Teilnahmebedingungen verständlich und vollständig sind. Dazu gehören beispielsweise allfällige Altersgrenzen oder geografische Beschränkungen sowie Informationen zum Zeitpunkt und zu den Modalitäten der Preisvergabe. Wenn personenbezogene Daten erhoben werden, ist es entscheidend, diese datenschutzkonform zu nutzen.

Was heisst das konkret?

Unter anderem muss klar geregelt sein, ob Teilnehmende Werbung erhalten, ob ihre Daten an Dritte weitergegeben werden und ob Gewinnerinnen und Gewinner öffentlich mit Namen genannt werden. Dafür ist eine Datenschutzerklärung oder sonstige Information erforderlich. Mit den Teilnahmebedingungen werden erforderliche Einwilligungen eingeholt, vor allem für den späteren Versand von Werbung. Ich empfehle, auf Permission-Marketing zu setzen und Werbung ausschliesslich an Personen zu senden, die dafür ausdrücklich und nachweislich ihre Einwilligung gegeben haben. Das schafft nicht nur rechtliche Sicherheit, sondern ist auch ein Zeichen von Respekt gegenüber den Teilnehmenden. Wer sich an diese Grundsätze hält, minimiert rechtliche Risiken und stärkt gleichzeitig das Vertrauen in die eigene Marke.

Das grösste Risiko besteht darin, mit dem Geldspielgesetz zu kollidieren. Die Aufsichtsbehörden handeln in diesem Bereich streng.

Martin Steiger

Welche rechtlichen Risiken können auftreten, wenn die Teilnahmebedingungen nicht klar oder transparent formuliert sind?

Das grösste Risiko besteht darin, mit dem Geldspielgesetz zu kollidieren. Die Aufsichtsbehörden handeln in diesem Bereich streng. Gewinnspiele über die Einsätze der Teilnehmenden zu finanzieren, funktioniert grundsätzlich nicht. Auch die Verletzung von datenschutzrechtlichen Grundsätzen und Pflichten birgt erhebliche Risiken. Dazu zählen persönliche Bussen bis 250'000 Franken sowie negative Reaktionen in den klassischen Medien und auf Social Media. Darüber hinaus kann fehlende Transparenz bei den Teilnahmebedingungen zu rechtlichen Konflikten führen – etwa wenn sich Teilnehmende unfair behandelt fühlen oder nicht ausreichend informiert wurden. Das schadet nicht nur rechtlich, sondern gefährdet auch die Reputation.

Welche datenschutzrechtlichen Vorgaben gelten, wenn durch ein Gewinnspiel Leads generiert und für Marketingzwecke genutzt werden sollen?

Grundsätzlich gelten die üblichen Grundsätze und Pflichten gemäss dem Datenschutzgesetz in der Schweiz. Die Teilnehmenden müssen darüber informiert werden, welche Personendaten erhoben und wofür sie genutzt werden. Dies erfolgt in der Regel über die Datenschutzerklärung, die regelmässig aktualisiert werden sollte. Wichtig ist ferner ein Opt-in für die Nutzung der Daten zu Marketingzwecken, etwa für den Versand von Newslettern. Die Unternehmen sollten sicherstellen, dass die Einwilligung freiwillig erfolgt und dokumentiert ist.

Wie muss das Opt-in gestaltet sein, damit es datenschutzkonform ist?

Die Einwilligung muss freiwillig und informiert erfolgen. Das bedeutet: Teilnehmende müssen genau genug wissen, welcher Datennutzung sie zustimmen. Aus Beweisgründen empfiehlt es sich, die Einwilligung ausdrücklich einzuholen – etwa durch eine Checkbox oder einen klaren Hinweis-Button. Wichtig ist zugleich, den Prozess so zu gestalten, dass er die Conversion Rate nicht unnötig senkt. Ein gut formulierter Button, der auf die Einwilligung zu den Teilnahmebedingungen hinweist, funktioniert meist besser als eine Checkbox. Offline sollte darauf geachtet werden, dass die Bestimmungen für das Opt-in auf Teilnahmekarten oder Plakaten klar ersichtlich sind.

Gewinnspiele rechtssicher umsetzen: Das müssen Sie wissen

Bieten Sie eine kostenlose Teilnahme an: Ein Gewinnspiel sollte immer kostenlos und auch unverbindlich zugänglich sein. Sobald die Teilnahme an einen finanziellen Einsatz oder ein Rechtsgeschäft gekoppelt ist, kann es als verbotenes Geldspiel eingestuft werden.

Kommunizieren Sie transparent: Die Teilnahmebedingungen müssen klar und vollständig sein. Dazu gehören Informationen über Preise, Teilnahmemöglichkeiten, Fristen, Altersgrenzen, geografische Beschränkungen und die Modalitäten der Preisvergabe.

Beachten Sie den Datenschutz: Informieren Sie die Teilnehmenden darüber, welche Daten Sie erheben und wie Sie diese nutzen. Für Marketingzwecke wie den Newsletterversand ist ein Opt-in erforderlich, direkt oder über die Teilnahmebedingungen. Stellen Sie sicher, dass die Einwilligung freiwillig erfolgt und dokumentiert ist.

Zur Person

Martin Steiger ist Anwalt und Unternehmer für Recht im digitalen Raum mit einer Kanzlei in Zürich. Die Schwerpunkte seiner anwaltlichen Tätigkeit liegen unter anderem im Datenschutzrecht und im Medienrecht. Darüber hinaus ist er als Lehrbeauftragter an der Universität St. Gallen (HSG) tätig und betreibt den Podcast «Datenschutz-Plaudereien».

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